Dienstag, 12. Juni 2007

Der überzeichnete Dichter

Überzeichnung, Überzeichnung



Panisch suchst Du, Dichter, nach den Wörtern,
welche Deinen Reim vollenden sollen,
schöpfst ganz unbescheiden aus dem Vollen,
wenn es gilt, die Welt gut zu erörtern.

Wenn ein guter Reim sich nicht gleich findet,
zweifelst Du recht schnell am letzten Wort,
welches es zu reimen gilt, denn dort
kommt's drauf an, wie gut man es verbindet.

Dort, beim Reimen, wird die Schlacht geschlagen,
dort entscheidet sich, wie gut man ist!
Metrum, Stil, egal – denn man vergisst
solcherlei, muss man den Reim beklagen.

Dies, oh Dichter, weißt Du nur zu gut,
darum überlegst Du lange Zeit,
welcher Reim der Stelle wohl gefeit,
welcher sie entflammt mit neuer Glut,

welcher sie mit Leben so erfüllt,
dass man meint, man stände im Geschehen,
dass man glaubt, man könne förmlich sehen,
wie der Mantel dieses Wort enthüllt.

Dies kann freilich etwas Zeit bedürfen.
Doch als Dichter, herrliches Klischee,
hat man diese, bei ein bisschen Tee,
den man pflegt, genüsslich laut zu schlürfen.

Solchermaßen hin und her gerissen,
sitzt er ein paar Stündchen dort, sinniert
über Worte, Metrum, zelebriert
die Erschaffung dieses Werks beflissen.

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