Freitag, 16. November 2007

Entmutigt

Zu verworren ist mir oft das Leben.
Bin ich schwächer, wenn ich dieses sag‘?
Nein, ich glaube, dieses zuzugeben
ist ein Ding, das jeder leicht vermag.

Zu versponnen alle diese Leute,
alles, was sie sagen, jedes Wort,
die Gedanken, die mich mögen heute,
die mich hassen morgen, stiller Mord.

Zu verletzend sind mir meine Schulden,
meine Haftung, meine Garantie.
Alles muss ich ich sichern, alles dulden,
frei zu atmen schaffe ich fast nie.

Zu verdreckt und klein die Analyse.
Dies ist kein Gedicht: Dies ist ein Witz.
Gewächse einer schwachen Hypophyse,
die Welt als Schlucht, mein Text ein kleiner Ritz.

Donnerstag, 15. November 2007

Excalibur

Excalibur, Excalibur,
was willst Du doofes Schwert denn nur?
Nun steckst Du dort in diesem Stein
und willst nicht raus – nicht weiter rein
und lachst, wenn einer kläglich zieht,
Dir schmachvoll auf die Klinge sieht,
Excalibur, Excalibur,
was willst Du doofes Schwert denn nur?

Excalibur, Excalibur,
Du spielst mit diesem dummen Schwur!
Verspottest alle, groß und klein,
und niemand kann nach Hilfe schrei’n,
denn wer Dich will, der muss allein
der Auserwählte dafür sein.
Excalibur, Excalibur,
was willst Du doofes Schwert denn nur?

Excalibur, Excalibur,
nun sieh doch diesen armen Bur!
Der zieht, als gäb’s kein Halten mehr,
doch Halten gibt’s – Du hälst Dich schwer
und immer mehr an diesem Stein,
wie kann man denn so stur nur sein?
Excalibur, Excalibur,
was willst Du doofes Schwert denn nur?

Excalibur, Excalibur,
Jetzt hat Dich wer! Sein Herz ist pur!
Er zog wie jeder and’re auch,
doch nach der alten Sage Brauch
entschlüpftest Du dem Felsen rasch
(und dabei zog er etwas lasch),
jetzt merkst Du, was es heißt, zu leben,
wird einiges auf’s Eisen geben,
Kämpfe, Schlagen, Kriege gar –
Du beziehst für immerdar
die Prügel dieses edlen Herrn,
sag: Hast Du diesen Schwur noch gern?
Excalibur, Excalibur,
Da hast Du Deinen doofen Schwur!

Mittwoch, 14. November 2007

Antarktis

Ein Klirren zischt durch hartgeword'ne Kälte
und kalte Nässe tropft von Feuchtigkeit.
Ein Zwieton, nihilierend Raum und Zeit
entbehrt der Wirklichkeit, die ihn entstellte.

Wie wildgeworden - ohne jede Regung.
In stiller Qual treibt alles unbewegt.
Und quält sich mehr noch, wenn ein Laut sich regt,
verdammend jenen Kraftakt der Bewegung.

Die Macht des Krachens gleicht dem Gigantismus,
des Urgewalt sich Götter sonst verseh'n.
Ein surreales Stöhnen, bald ein Fleh'n,
enthüllt der starren Ferne Eskapismus.

Ein weißer Tod in weißer Camouflage.
Und keines Lebens Ohren nehmen wahr,
wie grausam herrlich, roh und wunderbar
erklingt der hohe Schrei der kalten Rage.

Dienstag, 13. November 2007

Wie wertvoll ist ein Mensch?

Es ergießen tausend Sprossen
von vermeintlichen Kolossen,
die behaupten, stark zu sein,
die uns sagen, wir sei’n klein.

Es ersprießen tausend Flüsse,
tausend Früchte, tausend Nüsse,
wir, so sagt man, war’n das nicht,
wir sei’n dafür viel zu schlicht.

Es vertuschen tausend Farben
tausend Fakten, nur wir darben
ohne Zweck und ohne Sinn,
ohne das markante Kinn.

Es verfärben tausend Tuschen
Menschenwesen, die da kuschen,
weil man sagt, sie sei’n nichts wert,
sprich nur, göttlich großes Schwert!

Montag, 12. November 2007

Verrückt

Hätten Sie gern noch ein Stück?
Oh, danke, ich bin schon so satt!
Ich glaube, ich werde verrückt.
Ein Zustand, den jeder mal hat.

Der Kuchen voll Sahne zu fett,
wer macht so viel Butter denn rein?
Bekloppt, aber immer noch nett!
Das findet auch Mutti ganz fein!

Und immer herein mit der Speise!
Wir platzen, zerfetzen den Bauch!
Doch bitte, seid bitte ganz leise,
so ist es beim Platzen hier brauch!

Die Zeiten verzögern mein Denken,
indem sie verschwinden und geh’n.
Den Alltag, den kann ich nicht lenken,
doch kann er’s mit mir – wie wir seh’n.

Sonntag, 11. November 2007

Neulich beim Teufel

Ich fragte den Teufel – er lachte nur dämlich
und fragte mich: „Glaubst Du, der Teufel gibt Rat?
Und hilft euch Gestalten, die kleinlich und nämlich
bescheuert verehren die göttliche Saat?“

Ich meinte, dass er doch auch seinerseits sähte
und half, diese Welt in die Fugen zu schaffen,
dass seinerseits er nur das Aufpassen schmähte
und lieber sich hingibt, nach Engeln zu gaffen.

Da wurde er wütend und spie und erhitzte
sich sehr und verwies mich auf biblischen Text,
in dem es geschrieben steht: Gott allein schnitzte
dies Erdlein, warum wohl, sag, sei’s so verhext?

„Ich dachte,“, begann ich, „Du nanntest es Lüge?
Erzürntest Dich ob dieser Schmähung des Plans,
den Du mit erschaffen; dass Gott Dich betrüge?
Die Menschen zu blenden, ein Teil seines Wahns?“

Er zögerte, löschte die einsamen Flammen,
und druckste ein wenig und blödlich herum.
„Na ja,“, so beschied er, „ich will’s nicht verdammen,
ich merke, Du bist ja fürwahr nicht ganz dumm…“

„Tatsächlich gehört zu dem ewiglich Guten
und Schönen und tollen, oh, göttlichen Plan
auch immer das Böse, die Hölle samt Ruten,
samt Strafen, samt Teufel als Grauensdekan.“

„Na super!“, ersann ich, „Dann antworte bitte,
denn ich bin ein Wesen auf Deinem Projekt!
Und wenn Du behauptest, die wirkliche Mitte
entstünde, indem man Extremen sich streckt – “

„Der Gott für das Gute, der Teufel das Schlechte
und schon hat man alles geregelt, wie fein!
Doch das ist zu einfach, denn ehrlich: Das echte
Erschaffen – auch Bösens – ist nicht gar so klein!“

So saßen wir lange und sprachen und scherzten
und tranken den feurigen teuflischen Tee.
Bis schließlich wir unsere Uhren beherzten:
„Mensch Teufelchen,“, sagte ich, „spät schon – ich geh!“

Samstag, 10. November 2007

Für Nick Drake

Dieses Gedicht ist dem großen englischen Folk-Sänger Nick Drake gewidmet.
Niemand vermochte es wie er, derart wunderschöne Melodien und Arrangements mit einer solch umwerfend genauen und in's Innerste gehenden Poesie zu verbinden. Der Zauber seiner Musik und Sprache treffen noch 30 Jahre nach seinem tragischen Tod, der einem unerfüllten Leben folgte, mit einer Präzision den Hörer, die nur durch Kunst erreicht werden kann.
Seiner Größe gegenüberstehend, komme ich mir fast anmaßend vor, ihm auch nur irgendetwas zu widmen.





Du schriebst nicht Melodien, sangst nicht Töne;
Nein: Du zelebrierst Musik noch heut,
als ob sich alles Feine, wahrhaft Schöne
wiederfindet, seiner sich erfreut.

Zärtlich streichelst Du die kleinen Worte,
hauchst zur Hälfte, hälst sie scheu zurück,
und entlässt sie halb an ferne Orte,
weißt nicht, was sie bringen: Seelenglück.

Streicher untermalen Deine Stimme,
schwingen im Stakkato, nur um dann
im Klängeteppich schwimmend alles Schlimme
zu verdrängen, wie es nichts sonst kann.

Einzig eines stört Dein großes Sein:
Eintracht bringend starbst Du selbst allein.

Freitag, 9. November 2007

Schlacht

Wolkengleich, ein dunkelschwarzer Nebel.
Grollend schreit die feste Erde auf.
Tödliche Mechanik, wie ein Hebel,
der gelöst ward, steuernd diesen Lauf.

Wand am Horizont, die Welt verdeckend.
Heulend wird die blanke Luft verzerrt.
Schreie künden Blut in spe befleckend
von der Schlacht, die jeden Krieger ehrt.

Animalisch, wie ein Rudel Tiere.
Ohne Rast und unerträglich laut.
Und im Himmel schlitzen erste Schliere
totgebor’ner Pfeile Wolkenhaut.

Spitze Eisen tödlich scharfer Klingen
wippen in der Masse laufend mit.
Werden Elend jedem Fleische bringen,
das sich ihrer wert mit festem Schritt.

Näher, näher, schwarz sind alle Welten.
Auch Konturen stechen schon hervor.
Näher, kommt – den Hochmut zu vergelten
wird ein Fest, ein Mörderfest im Chor.

Eines nur. Und nur das wirklich Eine.
Muskelkraft von Menschen gegen sie.
So gesunde Arme, starke Beine.
Später dann entstellt. Und totes Vieh.

Donnerstag, 8. November 2007

Der einsamste König ist König der Herzen

Der einsamste König ist König der Herzen,
ein wenig ironisch die Menschen bemerkend,
wie groß ist der Reiz, es sich doch zu verscherzen,
doch wär‘ man nicht feige, die Masse so stärkend?

Er schüttelt die Hände gesichtsloser Männer
und streichelt die Bäuche der schwangeren Frauen,
die, schwanger von Hoffnung, sich schnell als Bekenner
benennen, doch zu atheistisch ergrauen.

Wer glaubt denn an Könige? Glaubt an Regime?
Wer folgt denn dem König, so gut er es meint?
Berührungen, sicher – doch niemals intime!
Der König hat oft schon aus Sehnsucht geweint…

Die ewige Frage in hämischem Bohren:
Was bringt Dir, das Gute für And’re zu schaffen?
Ein Kammergesang für die Welt ohne Ohren,
ein Kunstwerk, ästhetisch, das alle begaffen.

Er windet sich, tänzelt noch unsicher Schritte,
und kehrt dieser Unwelt den zierlichen Rücken.
Sekunden nur später erzittert die Bitte,
man möge gestatten, das Sein zu verzücken.

Der Widerspruch ärgert, er zwickt ihn, ihn neckend,
im Inneren treten Konflikte zutage,
die, ziegenvergleichbar die Füße ihm leckend,
erörtern die hässliche, ewige Frage.

Der König, er lässt es für heute bewenden,
er nimmt sich die Decke und legt sich in’s Bett
und traut sich, ein wenig der Zeit zu verschwenden,
die dafür nur gut ist – auch wenn er’s nicht hätt‘.

Mittwoch, 7. November 2007

Selbstwert

Ich bin ein Stück Dreck unter‘m Nagel der Welt,
die Fliege, die summend den Haufen umkreist.
Ein ekliger Fleck, der die Weste entstellt,
ein Schild, das die Menschen zum Untergang weist.

Du solltest mich meiden, ich bin der Verrat,
der Judas der Neuzeit, ein wertloses Stück.
Ich töte das Glück, überschreite den Grat
und führe das Elend den Menschen zurück.

Mein einziger Sinn ist, der Teufel zu sein,
all jenen, die dachten, wir ständen uns nah.
Enttäusche ich jeden, sieht jeder es ein:
Vertrauen kann niemand, wenn Unglück geschah.

Dienstag, 6. November 2007

Irgendwo ist sie, die Wahrheit

Du liest in anderer Menschen Benehmen,
als wär es ein Buch, alleine für dich.
Und dabei schreiben die anderen Menschen
doch meistens alleine für sich.

Du sprichst von anderer Menschen Umgebung,
als säh‘st Du die Welt als einzige klar.
Doch dabei sind Augen von anderen Menschen
für sich und die Ewigkeit wahr.

Du reibst Dich an anderer Menschen Versehen,
als hätten sie Dich mit Absicht bedreckt.
In Wahrheit merken die anderen Menschen
noch nicht einmal selbst den Defekt.

Ein niemand kann wirklich Dein Denken verstehen,
wie Du nicht verstehst, was andere lenkt.
D’rum maße Dir nicht die Wahrheit zu wissen
so an, als ob niemand sonst denkt.

Montag, 5. November 2007

Liebe im Verlauf

Unverblümte Phantasien,
unverschenkte Liebeslust,
unverschämte Sympathien
unter dieser liebend Brust.

Unverträumte Episoden,
unverhoffter Lebenskern,
unzertrennte Menschdioden
unternehmen vieles gern.

Unerwartet untergangen,
unverschönter Untergang,
unbeschreiblich unbefangen
unter Wert und ohne Klang.

Und dann steht man wieder fern,
ungesagter Melodien
Opfer, hatte ihn so gern,
nur sich selbst noch nicht verziehen.

Sonntag, 4. November 2007

Quälende Erinnerung

Ich muss mir befehlen, die Hexe zu brennen,
Gedanken benennen, was Unheil erschafft.
Ihr Feuer umgibt mich, der Feind voller Kraft
inmitten des Denkens, ich kann es nicht trennen!

Verrenne erbärmlich in furchtbaren Strängen,
erinnerungsschwanger erzittert die Hand
beim Schreiben, es fröstelt, mich quält dieses Band
des Bösen, die Fratzen im Feuer versengen!

Es ist es nicht wert! Oh, ich muss mir befehlen
doch endlich an anderes, Schönes zu denken!
Doch leider vermag ich das Sinnen nicht lenken,
ich kann mir das Unglück nicht wirksam verhehlen!

So sehe ich ein, was ich längst schon begriffen,
doch weiter verbarg vor der sehenden Welt:
Was immer geschehen, das fest einen hält:
Man muss es bekämpfen mit eisernen Griffen.

Samstag, 3. November 2007

Fehlgeschätzt

Im Strudel der Dinge, da hab‘ ich’s vergessen,
ein wenig vermessen, das gebe ich zu.
Doch kennst Du den Widerstreit der Interessen
nicht selber? Sag: Findet in Deinem Ermessen
denn niemand mal wirklich zur Ruh‘?

Es ist doch kein Zeugnis, es hat nichts zu sagen,
es ist kein Betragen zu kritischem Zweck.
Ich hab‘ es vergessen und will’s nicht mehr wagen,
was sollen die Zweifel, die hassvollen Fragen?
Ich krieg‘ doch den Fehler nicht weg!

Ich hätte es müssen und wenigstens sollen,
geschwollenes Reden ist fehl hier am Platz.
Jetzt kann ich’s nicht ändern, doch würde ich’s wollen,
doch bitte hör auf in den Klagen zu tollen,
in nachtragend-unfairer Hatz.

Ich bitte Dich: Lass es bewenden, üb‘ Gnade,
ich bin voller Makel und längst nicht perfekt.
Ich hab‘ übersehen (und finde es schade),
was wichtig Dir war – hab‘ Deine Ballade
mit Achtlosigkeiten befleckt.

Freitag, 2. November 2007

Eigentlich nicht schlimm

Es ist ja nichts Schlimmes dabei,
nur müsste ich wirklich schon lügen,
zu sagen, mein Leben sei frei,
zu sagen, es gäb‘ nichts zu rügen.

Es ist ja nichts Schlimmes dabei,
nur wäre es glatt übertrieben,
zu sagen, es gäb‘ allerlei,
das wert ist für mich, es zu lieben.

Es ist ja nichts Schlimmes dabei,
nur kann sich die Lüge nicht fügen,
zu sagen, das Weltengeschrei
vermochte mich nicht zu betrüben.

Es ist ja nichts Schlimmes dabei,
es könnte auch noch schlimmer sein.
Doch wünscht‘ ich mir, wir wären zwei
und bleibe doch letztlich allein.

Donnerstag, 1. November 2007

Der schönste Lehrer

Die Wege zu guter Musik sind auch jene,
die guten Charakter am Ende erreichen.
Sie wandernd genieße ich, denke und wähne
den Rhythmus als Herzschlag, die Stimme als Zeichen.

Und stets ohnegleichen erklingen mir Töne
aus Stimmung voll Wehmut, voll reichem Gefühl.
Sie sind mir das Leben, sind Töchter und Söhne
der wichtigen Weisheit im Lebensgewühl.

In kurzen Minuten, so flüchtig wie dauernd,
eröffnen sich Wege, erscheint mir ein Ziel.
Gedanken wie Tiere, auf Beutezug lauernd,
befallen mich, wie mich die Liebe befiel.

So finde ich Dinge, die niemand mir zeigte,
weil niemand sie wirklich zu zeigen vermag.
Musik als ein Lehrer und wir als Geneigte,
das Ahnen gelernt, das in Tonfolgen lag.

Mittwoch, 31. Oktober 2007

Fern(e )Beziehung

Klammer Dich an Deinen Lebensast,
Du treibst
In Sphären, die Du selber manchmal hasst,
doch bleibst
Dir treu auf diesem unheilvollen Grat
und räumst
Dir ein: Der Boden karg und schlecht die Saat
und träumst…

Und träumst von den Momenten, die er schenkt,
verzeihst
der Gram, der Schwäche, die sich zu Dir denkt,
und leihst
Dir alle Kraft der Welt in dem Moment
und meinst,
dass niemand dieses wahre Lieben kennt
und weinst.

Und später, wenn man liegt und lächelt kess,
ganz bar,
dann liebst Du ihn, bist glücklich, sagst Dir: Es
ist wahr.

Dienstag, 30. Oktober 2007

Brief an Gott

Lieber Gott,








als Teufel.

Wenn Arschlöcher diskutieren

dein Schuldspruch schallt wie Peitschen durch den Raum,
dein fettes Grinsen maßt sich alles an,
das irgendwie ein Urteil werden kann,
dich selbst hingegen fragst du Götze nicht.

Und nicht im Traum wird Toleranz geübt,
wenn anderer sich Meinung zag erlaubt.
Die Stimme schnellt gen Himmel, dreist und raubt
das Fundament – Ideenbild getrübt.

Doch zweifelt jemand (und nicht ohne Grund)
an Worten, die aus deinem lauten Mund
entstammen, wird sich grandios empört!

Dann bist du halt perfekt – und da, wo nicht,
noch stolz darauf, dein Gegner nur ein Wicht,
der nicht in deine Perversion gehört.

Montag, 29. Oktober 2007

Bewundern mag übertreiben, doch wenn es ehrlich ist...

Katzenaugen funkeln wie Smaragde,
stechend tiefes Grün, das mich besticht.
Voll Facetten seh‘ ich tausend Akte,
deren Eigensinn mich längst schon packte,
packend wie im Dunkel trübes Licht.

Dieses Lächeln lockt mich so verhalten,
und verheißt mir alles – heißt auch: Nichts.
Darum will man dieser Schönheit walten,
selbst sich dieser Schönheit so entfalten;
Teil der Schönheit, Teil des warmen Lichts.

Gib mir nichts, doch bleib in meiner Nähe,
zeig, indem Du bist, was Anmut ist!
Und verzeih mir, wenn ich Lobe sähe,
Komplimente streue als Trophäe,
die Dich niemals ernsthaftig bemisst.

Sonntag, 28. Oktober 2007

Ewiges Wähnen

Es ist ein Traum! Sag: Ist es Wirklichkeit?
Verhält sich diese Existenz zu mir?
Denn dieser Raum, der alle Pflichten freit,
versammelt gleichsam alle Pflichten hier.

Im Kegel dieses Dunkel scheint ein Licht,
das alle Ebenen entblößt wie Glas
und gnadenlos durch Haut und Hüllen bricht,
es sticht in ein nicht klar benanntes Maß.

Im Wähnen, klugen Wähnen bin ich dumm,
denn seh‘ ich nicht: Ein Schauspiel nimmt uns mit!
Und spielend drehe ich den Zeiger um,
der alles kommentiert auf Schritt und Tritt.

Es folgt das stille Summen, stummer Ton,
ein Lied, das niemand kennt und ohne Takt.
Verlegenheit erstrahlt – und geht auch schon,
belässt mich schweigend dem bescheid’nen Pakt.

Samstag, 27. Oktober 2007

Stiller Bewunderer stiller Szenerie

Der Schatten einer stillen Amazone,
verheißend den Besucher, der dort steht,
im Stillen seine Blicke klug verweht,
dient edel jenem höchsten Baum zur Krone.

Gleich Wasser schwimmt die Wolkendecke träge,
verhüllt schon bald den Mond, des weißes Licht
so rein von neuem strahlt, durch ihn erst sticht
der Schatten Schönheit in die Himmelsschräge.

Von alledem verzaubert steht das Wesen
inmitten dieser nächtlichen Natur,
als wollte es den Sinn der Welt erlesen.

Es leidet fast vor Schönheit allerorten,
noch nie sah dieses Reh solch Szene pur –
entfremdet dieser Welt mit ihren Worten.

Freitag, 26. Oktober 2007

Vor Resignation verwirrt

Es tragen zitternd Sternensplitter
meine Wünsche mit sich fort.
Ein dumpfer Schrei, ein Denkgewitter,
danach nur noch stiller Mord.

Tote Finger greifen Hoffen,
totes Hoffen, fingerlos.
Alles ist jetzt wieder offen,
alles ist so bar und bloß.

Tausend Stunden später liegend,
sehe ich zum ersten Mal,
was mich vorher, gleitend, fliegend,
stets umgab als Trauerschal.

Solchermaßen resignierend,
scheint mir jedes Wort zu viel.
Dennoch sprech‘ ich, Wünsche frierend,
ohne Unterlass und Ziel.

Donnerstag, 25. Oktober 2007

Hinter diesen Augen oder: Unbefriedigt

Das Augenlid verbirgt ein schlimmes Tosen
von Blitzen, Donnern allen Farben Kind,
die Götter der Natur vollziehen Posen,
im Inner’n ein Konflikt, des Bild sie sind.

Oh, hinter diesen Augen, diesem Funkeln
entsteht ein Wirbelsturm verletzten Traums.
Ein Wirrwarr schreit sein gottverlass’nes Munkeln
in Weiten eines chaostollen Raums.

So streiten denn die grundlos Hasserfüllten
im Inneren des Menschen immerdar
und wünschen sich, noch während sie so brüllten,
dass alles grundlos besser wieder war.

Mittwoch, 24. Oktober 2007

Techtelmechtel

Du streichelst meine Schenkel und ich ahne.
Es ist schon etwas länger her – Du weißt.
Und doch ist das egal. Auch darum mahne
ich nicht, weil Du mich zwanglos neu verheißt.

Die Hand im Auf und Ab, ein weiches Schlingen,
als wär‘ es ausversehen, streift sie ihn.
Und alle Spannung muss ich niederringen,
um nicht sogleich die Kleiderauszuzieh’n.

Triumph der Sinne, kommt das Streicheln näher,
Verlust des Lebens, geht es wieder fort.
Mit jedem Kommen kommt sie etwas eher,
verweilt ein wenig länger hier und dort.

Aus kleinem Spiel wird ernst nur in Minuten,
denn irgendwann, da will man explodier’n.
Man meint, es sei schon fast zu viel des Guten,
nach all dem Streicheln sollte man forcier’n!

Und endlich doch die Hände richtig führen,
und spür’n, was nur ein Partner spüren darf.
Man sagt sich Worte, will sich fest berühren,
und findet sich mit einmal „heiß“ und „scharf“.

Und wenig später liegt man beieinander
und ist sich, seiner Ruhe einig, still.
Das hält dann, bis die Hände wieder wandern
und man von Neuem Altes neuern will.

Dienstag, 23. Oktober 2007

Kehrtwende

Die schwarze Nacht läuft flüssig aus der Spitze
und klobig rinnen Tropfen auf das Blatt,
auf das ich sinnverloren Striche ritze,
Kerben – eines wahren Textes statt.

Man mag es Anmut nennen, mag es schätzen.
Doch saugt sich das Papier nur voll mit Hass,
die trägen Pfützen sollen Sinne ätzen,
auf dass ich’s Fühlen bald zur Gänze lass‘.

Ein Füller, früher Zeichen wohler Werte,
graviert in dieses dumme Weiß den Tag,
an dem ich mich das Leben wahrhaft lehrte,
seit dem ich schwarze Hässlichkeiten mag.

Montag, 22. Oktober 2007

Langeweile

Die Zeit verharrt, verrinnt in trägem Schlummern,
die Luft steht tief gebeugt und schläft bald ein.
Der erste Atemzug von tausend Nummern
entsteht von Neuem, wird auch letzter sein.

Gedanken strecken sich so in die Länge,
bis transparent und faserig vergeht,
was eben kurz gedacht, die kleine Menge
wird aufgefüllt mit Nichts, die Zeit, sie steht.

Die Welt verweigert sich des Weiterdrehens,
als Standbild, stilles Leben, harrt sie aus.
Ein Windhauch ohne Ahnung jeden Wehens
zieht ungeweht durch dieses leere Haus.

Befolgend seinen Auftrag ohne Thema,
vergeht der Tag so langsam wie er kam.
Er folgt dem immergleichen Tagesschema,
das tausend Stunden heut in eine nahm.

Sonntag, 21. Oktober 2007

Nachts baden, alleine

Das Himmelslicht im reinsten aller Spiegel,
die Reflektion erst zeigt die Silhouette,
dort ein Körper: Reglos wie ein Ziegel,
federartig schwebend wie im Bette.

Leichtes Wehen streift die Uferbäume,
Blätterrascheln hinterlegt die Stille,
auf dem Wasser erst ein Saum, dann Säume
ohne Zahl, des Windes Stift sein Wille.

Und kleine Kreise klarer Perfektion
umranden zwei, drei Blätter in der Leere –
nun im Wasser, Boote ohne Ton,
scheinen sie zu gleiten ohne Schwere.

Warmes Wasser, Speicher jener Wärme,
die der Tag geschenkt, die ihn begonnen,
schmeichelt ihren Zügen, alle Lärme
dieser Welt sind fern und längst entronnen.

Auf dem Rücken treibend, dort, alleine,
wirkt sie wie ein Geist aus fremden Welten,
einsam und genießend, diese reine,
klare Schönheit, die nur hier kann gelten.

Das Himmelslicht im Wasser reflektierend,
scheint der See, der Ort an sich vollkommen.
Sie, als Mensch für sich die Szene zierend,
hat sich einen Traum zur Nacht genommen.

Samstag, 20. Oktober 2007

Der stärkste Kompromiss

Die Woche der Sonette, wie mir scheint...sie drängen sich mir auf. Aber das stört bei schönen Frauen ja auch nicht.



In meinen Händen bist Du wieder Kind,
entwickelst wieder jene junge Kraft,
jenen jugendlichen Lebenssaft,
den zu finden alle suchend sind.

Auch ich bin Kind bei Deinem starken Sein,
verletzlich wird mein Kern aus Fleisch und Blut,
mit Schwäche schenke ich das höchste Gut
Dir Führenden – verwundbar bin ich Dein.

Und doch – wir machen beide starke Schritte
und beide sind wir sicher, sattelfest,
ein Kern aus Selbstbewusstsein in der Mitte.

Welch schöne Schwächung, die ich liebend nutz‘:
Dir bin ich nackt. Bedingungslos. Kein Rest.
Nach außen dann ein Mantel Ich zum Schutz.

Freitag, 19. Oktober 2007

Streites Echo

Langsam nur behaupten sich die Splitter,
dringen in die Wirklichkeit hinein.
Drüben die Karaffe, dort der Wein.
Die Sekunden schmecken dumpf und bitter.

Flecken auf dem Teppich, an den Wänden,
blutig malt die Flüssigkeit sich hin.
Welch Bedeutung, welch ein schwarzer Sinn,
zitternd steht die Luft und sind die Hände.

Später wird der Streit zu einem Schatten,
der verblasst, je dunkler er verweilt:
Lichte Hoffnung, die sie beide hatten.

Doch vergessen wird der Wein nie werden,
das Liquid hat viel zu fest verkeilt,
was sie trennt – im Himmel, so auf Erden.

Donnerstag, 18. Oktober 2007

Gewissen

Mein Blick entwindet sich der tausend Fragen,
gespielter Stolz entwirft sich durch den Raum,
erlischt die Augen – nur die Zweifel kaum.
Beseitigt nicht das stille Unbehagen.

Im Zwielicht badend mag man sich verstecken,
die Antwort schuldig bleibend wie ein Dieb.
Die Sprache wird sich irgendwann entdecken,
nachdem sie mir zu Abwehr schweigend blieb.

Doch später, wenn die Nacht die Sonne richtet,
später, wenn kein Laut das Urteil stört,
später, wenn das Schwarz mein Haus verdichtet,

dann kann ich nicht bestreiten, was geschehen,
die ganze Zeit im Spiegel schon gesehen:
Ein Schrei! Doch bleibt mein Wahnsinn unerhört.

Mittwoch, 17. Oktober 2007

Mal eben um den Verstand geträumt

Traumbewirkte Pressgedanken
streifen mir die Wahrheit ab.
Abgestreifte Wahrheitsranken
wachsen aus dem Klarheitsgrab.

Raumbestärkte Schaumtendenzen,
durch Erwachen aufgebauscht,
tauschen meine Faktengrenzen
flauschig aus, ich bin berauscht!

Dauernd laufen Austauschschüler
durch mein Hirn und raufen dort,
spielen fangen, strecken Fühler
nach der Wahrheit Heimatort.

Solchermaßen mich verlaufend
stoppe ich den Irrsinnslauf.
Mich dann kurz zusammenraufend
wache ich, noch schnaufend, auf.

Dienstag, 16. Oktober 2007

Fassaden und Welten

Hinter dieser lichten Menschfassade,
hinter dem Kulissenwerk aus Haut,
hinter dieser Taktik mit Rochade,
deren Sinn die Emotionsblockade,
ist ein Menschenleben aufgebaut.

Hinter diesen unbestimmten Blicken,
hinter Augen, deren Glanz man ahnt,
hinter dieser Höflichkeit beim Nicken,
die sich müht, das Inn‘re zu ersticken,
ist ein All, das Welten um sich bahnt.

Hinter diesen Possenspiel-Kostümen
hinter dieser frommen Schönheit Schein,
hinter diesen Künstlern, die sich rühmen,
voller Kunst die Lüge zu verblümen,
lauert stets das Drehbuch namens „Sein“.

Montag, 15. Oktober 2007

Momentaufnahme

Ein unsichtbarer Witz zieht ihre Brauen
zu feinen Bögen, zeichnet ihr Gesicht
in seiner Mimik voller Weltvertrauen,
ein Mehr an Ausdruck braucht es dafür nicht.

Und auch der Lippen feiner Winkel Zug
enthüllt subtil das vage Mienenspiel
in seiner Leichtigkeit, die Frohsinn trug,
ein Frohsinn, dessen stiller Mut ihr Ziel.

Die Augen stechen dumpf wie Diamanten,
die zwar verhüllt, doch allzu sichtbar sind,
sie gleichen dem Gefühl, dem wohlbekannten,
nach dem man meint, sie sei’n bald Frau, bald Kind.

Ihr sanfter Blick gen Himmel scheint zu fragen,
von welchen Dingen man noch singen mag,
und gleichsam zu sich selbst im Stillen sagen,
dass, was auch kommt, gespürt wird jeder Tag.

In diesem in sich ganzem Arrangement
verliert sich jede Wirklichkeit – und sie,
die ihren ominösen Teint
zu Tage trägt, schafft alle Harmonie.

Sonntag, 14. Oktober 2007

Grafitti

Die Nacht ist schwarz und schluckt noch jeden Schatten,
die Totenstille dient als Filmmusik,
und ihnen als Kulisse für den Krieg,
für den sie alles ausgeklügelt hatten.

Ein kurzes Regen, knapp ertönen Schritte:
Ein Zischen folgt, verweilt für kurze Zeit.
Sekunden nur, dann ist man schon bereit
zu flüchten, fern der Kunst in ihrer Mitte.

Und wenn man später Blaulicht sieht und hört
und Menschen, die Geschehenes verfluchen
und fiebrig nach den Übeltätern suchen,
dann fragt man sich, warum nur Kunst empört.

Samstag, 13. Oktober 2007

Fiebertraum

Wie schnell sich das Leben entfernt.
Man wähnt sich gerade noch in seiner Mitte
und setzt sich nur kurz, schon künden sich Schritte
des Abschieds – ein Wesen entkernt.

Wie schnell man das Leben verlernt.
Noch eben genießt man in Zügen voll Tiefe
den Himmel, der schwärzer nur selten entschliefe,
nun ist nur der Geist noch besternt.

So ausgehöhlt leidet man nicht mal an Leiden,
kann Schmerzen durch schmerzliche Risse vermeiden
und dennoch entscheidet sich niemand dafür.

Nur kann man nicht wählen – in nächtlichen Zwängen
vernimmt man auf Gängen, wie Stimmen vermengen,
Gesang als gespenstische Kür.

Freitag, 12. Oktober 2007

Die inneren Werte

Ich kenne Deinen Namen nicht einmal,
doch ist mir Deiner Schönheit Gegenwart
ein Zauber, der in meinem Sinn verharrt,
ein Freund, der mich zu meinem Glück befahl.

Und wüsst‘ ich nicht, wie’s Laufen richtig geht:
Ich sähe Deiner Füße feinen Schritt,
vergaß bald allen Stillstand, den ich litt
und rannte wie ein Wind, der mutig weht.

Das Sehen wird in Deiner Augen Braun
erst wirklich lohnend – erst durch Dich ein Trick
des Lebens, das in Deinem tiefen Blick
sich spiegelt – mich ermutigt, auch zu schau’n.

Nur kennst Du auch das ganze Gegenteil
und annullierst die and’ren Zauber ganz
durch diesen kalten, klaren Wasserstrahl.

Denn öffnest Du den Mund und bietest feil
an Worten, was der schönen Lippen Tanz
entsteht, wird all die bunte Pracht mir fahl.

Dann gibst Du Preis, was niemand ahnte, weil
Die atemlose Schönheit wie ein Kranz
die Dummheit schmückt, verdeckt das dunkle Mal.

Donnerstag, 11. Oktober 2007

Kind der Stadt

Ohne auch nur einen Satz zu sagen
schweift und streift er durch die rege Stadt,
deren Puls ihn angeleitet hat,
wieder neu den treuen Bund zu wagen.

Ohne Zagen, ohne Zögern schreitet
Fuß vor Fuß sein Schatten durch die Stadt,
gleitet über Wände, sieht sich satt,
malt den Umriss dessen, der ihn leitet.

Ohne Barrieren, ohne Trennen
ist er so intim mit dieser Stadt,
wie er nie mit Menschen, die ihm matt
und fremd erscheinen, je sich könnte kennen.

Mittwoch, 10. Oktober 2007

Versöhnliche Harmonien

Musik, mich zu versöhnen mit der Welt,
mit diesem Berg an leichter Existenz.
Ein Trieb, sie zu verhöhnen mich befällt,
doch ist sie das nicht wert in meinem Lenz.

Mir blühen fruchtig reiche Melodien,
wertvoll, teuer, eben weil so schlicht.
Da habe ich der Umwelt schnell verziehen,
dass manchmal sie im Innersten mich bricht.

Mir angedeihen feine Harmonien,
in ihrem Tonspiel frech und groß und feist
und sind mir auch beim letzten Mal gediehen,
noch heut‘ von ihrer Schönheit zehrt mein Geist.

So liege ich, die Ohren voller Klänge,
das Weltgeschehen blasser Hintergrund,
der manchmal flackert, fast als ob er dränge
durch den Nebel, meinem bunten Schwund.

Alles schwankt und gibt die Töne wieder,
die Frequenzen manchen Vibration,
so entstehen wahre Lebenslieder:
Nur durch Fließen, Ton um Ton um Ton.

Dienstag, 9. Oktober 2007

Eine feine Tanzgesellschaft

Alles wankt mit feinen Schritten
lächelnd zum Dreiviertelmaß.
Herren fragen „Darf ich bitten?“
nach dem dritten Perlweinglas.

Damen dürfen in Kostümen
gleichsam einer Modeschau
stolz flanierend ihrer rühmen,
Herren wird’s im Herzen flau.

Wie zu besten Kaiserzeiten
glitzert alles, glänzt, brilliert.
Dieser Adel – schon von weitem –
gibt sich freilich höchst geniert.

Nur auf einem einz’gen Orte
findet Glanz fürwahr nicht Platz:
Wenn die Wiener Sachertorte
aus dem Darm fliegt, mit Rabatz!

Montag, 8. Oktober 2007

Untreue

Im Zweifel für den Angeklagten,
doch bin ich kein Agnostiker.
Was and’re sahen, and’re sagten
Trifft mich und verletzt mich schwer.

Da wird der Baum in seiner Zierde
betoniert in meinem Sinn.
Nein, sowas kann nur die Begierde,
derer ich kein Herr mehr bin.

Doch was ist Treue? Was ist Lieben?
Was ist Hoffen? Kinderkram?
Ist denn wirklich nichts geblieben?
Bleibt mir nur der Spott zur Scham?

Tausend Mäuler fressen gierig
Mein Gehirn, weil’s sich belügt.
Alles ist halt etwas schwierig,
wenn sie einen so betrügt.

Sonntag, 7. Oktober 2007

Der Falke

Die Flügel im weitesten Abstand gehalten,
der Kopf und der Hals als verlängerter Rücken,
den Aufschwung erwartend, oh Winde beglücken
durch Thermik den Falken, er kann sich entfalten

und hier kann er walten, der König der Lüfte,
sein Blick schweift durch Täler, in Berge gegossen,
der Aufstoß erfasst ihn, er steigt wie auf Sprossen,
erhaben verlässt er die niedrigen Klüfte.

Und später, im Horst, wenn er atmet und wartet,
die prächtigsten Berge weit hinter sich weiß,
dann scheint er schon weniger edel geartet.

Dann wirkt er gewöhnlich – vergangen, was war
Und erst, wenn er wieder voll Anmut, doch leis‘
In Lüfte stößt, wird er von Neuem zum Zar.

Samstag, 6. Oktober 2007

Tagesanbruch/Morgenröte

Der Atem einer Kolorierung pustet
Inzwischen Zweig- und Ästewerk hervor.
Die Ahnung einer Farbe hingehustet –
Schon folgt der Urknall uns’res Tageslichts,
die Glimmerkugel steigt durch’s Himmelstor,
im Zwielicht bleibt nur wenig, dunkel nichts.

Entzündet einem Waldbrand gleich den Himmel,
ein Feuer, dessen Lauf in voller Fahrt
bald Bäume flammt, bald rotgefleckte Schimmel
am Firmament, bald jeden Platz erhellt
und stolz in milder Klarheit sanft verharrt,
bevor es glühend vom Zenit aus schnellt.

Und gleißend schmilzt die neugebor’ne Welle
Der Nachtesstunden schwarzes Eis liquid,
auf dass es fließend flüchte vor dem Helle
und voller Reumut seine Wunden leckt,
noch während es zur and’ren Seite flieht,
wo’s bis zum neuen Abend sich versteckt.

Freitag, 5. Oktober 2007

Hospital

Ein toter Geist durchstöbert kalte Flure,
steril versprüht er nüchtern kranke Luft.
Es singt der Zeigertakt der kleinen Uhre,
vertont gesichtslos den Arzneienduft.

An blassen Wänden hängen blasse Bilder,
als hätte man Traumlosigkeit gemalt.
Im Neonlicht wird jede Farbe milder,
bis schließlich nur noch dumpfes Weiß erstrahlt.

Hier konzentrieren schweigend sich Geschichten
von Leiden, Schmerz und Unglück inspiriert.
Hier wird das Leben manches Schicksal richten –
ein Richter, dessen Kälte fasziniert.

Donnerstag, 4. Oktober 2007

Schmerz

Bein gebrochen, scheiße scheiße
aua aua, weh tut weh.
Schmerzen brennen, heiße heiße
bitte kühlen – Schnee, brauch Schnee!

Alles Nebel, Zeit verzogen
Raffer, Raffer, flieg mich weg.
Aua aua, Bein verbogen
und am Rücken ganz viel Dreck.

Nicht berühren! Hilfe! Schreien!
Weggetreten, brüll und brüll.
Bitte Pille, Ohnmacht leihen!
Schreie – Lunge – füll oh füll.

Endlich Koma, selbst erkoren,
Pause klein vom krummen Bein.
Und im Traum schließ ich die Ohren,
will’s nicht hör’n, mein eig’nes Schrei’n.

Nachträge

Aufgrund einer größeren Krankengeschichte konnte ich leider längere Zeit nicht für lyrischen Nachschub sorgen, das tut mir leid. Zum Glück aber habe ich auch während dieser Zeit zumindest gelegentlich Muße gefunden, mich einiger Verse zu befleißigen. Ihr Nachtrag wird nun folgen.

Mittwoch, 3. Oktober 2007

Der Seehund

Es klatscht der fette Bauch auf’s Eis,
ein Schnaufen ist zu hören.
Die Schnurrbarthaare sind ganz weiß,
und wissen zu betören.

Der tiefen Augen schweres Braun
glotzt friedlich durch die Gegend.
Dann setzt er fort, sich aufzubau’n,
die dicke Brust bewegend.

Nun sitzt er wie ein Zirkustier
und imponiert den Weibchen.
Und zeigt: Er ist der König hier!
Und zeigt sein Haaresleibchen.

Im nächsten Augenblicke schon
will er sich weitertragen,
es rummst ein herrlich hoher Ton –
der Bauch ist aufgeschlagen.

Dann schlängelt und dann zieht er sich
mit dünnen Seehundflossen.
Halb ist der dabei lächerlich,
halb sind es schöne Possen.

Dienstag, 2. Oktober 2007

Brief an die Schwebende

Schwebende,

lass mich, den alten Fantasten, im Traume mir malen, wie fein Du erbebst.
Ich möchte mir denken, wie, schwebend, Du lebst, in Lüften verharrend, um fühlend zu rasten.

Bitte gestatte mir Suchendem eines und weise mich, malend die köpfische Dichtung auf Blicke im Innern, nicht ab – Deine Richtung begeistert mein Wesen, die Ahnung, die kleine.

Ich mag nicht von Helden berichten, die starben, um And’re zu schützen, um nicht mehr zu darben – vermessen wär’s, sieht man mich einfachen Mann.
D’rum bild‘ ich Geschichten in unwahren Farben voll Leuchtkraft, verdeckend die wirklichen Narben, wie ich es dank Dir oft nur kann.

Montag, 1. Oktober 2007

Gehversuche

Die unverblümte Kusshand durch die Blumen,
ein Blick als ein Versprechen, kecke Augen,
er als Vogel, sammelnd ihre Krumen,
ist stets bemüht, ihr Wirken aufzusaugen.

Der tiefe Blick des blickvertieften Jungen
und ihr Vergnügen, seines sehend, neckt
und wird von ihrer Anmut frech besungen,
noch während sie ihr Dekolleté versteckt.

Er zeigt sich von der mannsbetonten Seite
und meint, er kämpfe um die ganze Frau,
doch ist er Junge, sie ein Mädchen, beide
verstellen sich – und wissen’s ganz genau.

Sonntag, 30. September 2007

Herbst III

Entschuldigt bitte die Namensgebung - jedoch darf ich betonen, dass nicht Einfallslosigkeit noch Mangel an Motivation den wiederkehrenden Titel begründen. Vielmehr habe ich mich entschlossen, eine Gedichtserie zu Ehren des Herbstes zu schreiben - diese Gedichte gehören zusammen, inhaltlich wie auch stilistisch und es wäre schlicht falsch, sie durch den Titel zu trennen. Ich bitte um Verständnis, was dies betrifft und wünsche mir aufrichtig, dass die ein oder andere Herbststimmung durch die Texte heraufbeschworen werden kann.


Oktober strömt im Geiste, strömt in Äste,
verkleidet Tal und Hänge in Pastell.
Der Sommer war recht lang, die Sonne grell –
nun trägt sie braunen Schleier durch die Felder,
begleitet aller Wesen bunte Feste,
entwickelt leuchtend Gelb zu Gold der Wälder.

Und gleichsam mit dem Ende alter Zeit
verkündet dieses Intermezzo froh
die neue, woraufhin sie lichterloh
beweist: Der Herbst als Kompromiss den Maßen,
Balanceakt Extremen, ist befreit
und größte Jahreszeit auf gold’nen Straßen.

Mit unsichtbaren, flinken Geisterfingern
sortiert der Wind die Laubesordnung um,
verwirbelt heulend Blätter, dreht sie rum
und webt sich einen Teppich, nur aus Tönen,
die zwischen Rot und Braun noch ständig schlingern,
mit diesem Farbspiel jedes Grau verhöhnen.

Das Licht des Tages neigt sein Flammenhaupt,
befeuert aller Bäume Blattwerk strahlend
und zündet so ihr Licht: Wird sonnenmalend.
Kontraste – sie beherrschen nun die Welt,
der Hintergrund im Dämmerlicht verstaubt,
noch während vorn der Blätter Glanz erhellt.

Samstag, 29. September 2007

Herbst II

Zeit, die Schönheit zu sehen.
Im Winde vergeht manches Blatt.
Gewordenes bleibt ungeschehen,
nachdem es sich eingeprägt hat.

Zeit, durch Farben zu gehen.
Voll Tupfern bemalt sich die Stadt.
Rötliche Kleckse verwehen,
bald strahlend, bald leuchtend, bald matt.

Es weinen auf Kopfstein und Pflaster
die Bäume ihr knisterndes Laub.
Lampionblume und Aster
erschaffen aus Blüte bald Staub.

Als Labsal den riechenden Blicken
entwirft sich die Erde so neu.
Man droht fast im Meer zu ersticken,
das Auge verzehrt ohne Scheu.

Zeit, die Schritte zu setzen.
Kein Blatt ist dem anderen gleich.
Man muss dieses Schauspiel nur schätzen.
Die Erde beschenkt uns so reich.

Freitag, 28. September 2007

Flucht

Es schlägt das Piano um sieben.
Die Kirchturmuhr prägt ein Duett.
Und als mich die Geister umtrieben,
da wär‘ ich so gern noch geblieben,
doch musste ich leider in’s Bett.

Ich hörte noch lange die Klänge.
Und ließ mich verzaubern und schlief.
Im Träume noch war es, als sänge
ein Engel und flog über Hänge
und Felder, auf denen ich lief.

Da waren Akazienbäume.
Die wiegten gemeinsam im Takt.
Und Lieder verzierten die Räume,
bescherten mir seligste Träume,
in kindlichen Wünschen verpackt.

Und schließlich erwachte der Morgen.
Und weckte mich von meinem Glück.
In Plattenbauwohnung, in Sorgen,
von Liedern im Dunkel verborgen,
ersehn‘ ich mich wieder zurück.

Donnerstag, 27. September 2007

Unter der Dusche

Die Tropfen prasseln hart auf mein Geschlecht,
von unten her verhüllt der Dampf die Glieder,
die Hitze rückt Gedanken sanft zurecht,
ich spüre mich in Gänze endlich wieder.

Die Wärme wallt in Schwällen in mich ein,
sie läuft an meinen nackten Schultern runter
und perlt hinab auf Füße, auf mein Bein,
zerläuft auf Knien, macht das Wasser munter.

Ein wenig findet sich mein altes Ich,
ein wenig fühle ich mich neugeboren,
die Sauberkeit des Teints wird innerlich,
mein Geist eröffnet gleichsam wie die Poren.

Der Duschkopf sprüht mir Fluten in das Haar,
das lang und schwer als zweite Haut sich windet,
begleitet jeden Schwung und stellt ihn dar,
indem es seine Prägung edel bindet.

Die Scheiben sind beschlagen voller Dampf,
die Spritzer allen Wassers malen Bilder.
Und ich bin fern von aller Welten Kampf,
ein jeder Atemzug gedeiht noch milder.

Ich schließe meine Augen, spüre nur.
Empfinde jedes Rinnsal meiner Blöße.
Und weiß: In den Momenten bin ich pur
in jedem Sinne, spüre diese Größe.

Mittwoch, 26. September 2007

In der Nacht sind alle Katzen...

Sie schneidet mit Schritten in schwärzlicher Nacht
unhörbare Winde in nächtliches Schwarz
und steuert voll spannungsgeladener Pracht
verschleierten Schrittes ihr blickendes Quarz.

Den Kegel des Lampenlichts saugt sie gar auf,
ist Schatten sich selber in fließendem Huschen
und zeitlupengleich kann sie Spuren vertuschen,
nur Mondlicht wird Zeuge beim federnden Lauf.

Verbrüdert mit Dunkel der edelsten Art,
umwindet sie unsichtbar, schemenhaft Ecken
von Häusern, konturenlos, um zu verstecken,
was über die Nacht mit der Stille gepaart.

Dienstag, 25. September 2007

Präsenz

Werden die Menschen nicht endlich mal müde,
die Weltkriege immer noch neu zu vertonen?
Muss denn die Sünde noch über uns thronen,
uns’rer Historie wilde Etüde?

Immer auf’s Neue begeht man das Grauen,
ermahnt uns zu wissen, wie furchtbar es war.
Und stellt sich das Elend uns endlich ganz dar,
verweist man uns nochmal, den Abgrund zu schauen.

Man muss sich fast schämen, so könnte man denken,
dass heute in wärmeren Betten man nächtigt.
Und dass man sich Heizung und Herdes bemächtigt,
und neigt, seine Blumen im Garten zu tränken.

Man sollte verzichten, so könnte man meinen,
auf Luxusartikel, Komfort und Likör.
Wir frönen Bekleidung in jeder Couleur,
Berichte zur dritten Welt machen uns weinen.

D’rum wisset um alles, was Schlimmes geschah
und fühlt es in jeder so winzigen Pore
es drängt sich in Augen und füllet das Ohre:
Zwar geht es euch besser, doch Hölle ist nah!

Montag, 24. September 2007

Zerreißprobe

Ich bin nicht genug dieser Welt.
Ich fülle die Formen nicht aus.
Ein Wortspiel des Stummen,
ein türloses Haus,
in dem sich die Waage nicht hält.

Ich sehnsuche tausende Staben
von Büchern, die niemand mehr liest
und schreibe dem Kasper
‘nen Witz, der verdrießt,
und male auf schwarzem Blatt Raben.

Es hassen mich Äbte und Nonnen.
Der Liebe der Welt bin ich Hohn.
Und wag‘ ich zu hoffen,
ist Unglück mein Lohn.
Das Ende hat wieder begonnen.

Man muss nicht abstrakt formulieren.
Der Wortsinn entbehrt keiner Drastik.
Ich kann nicht genügen.
Ich bin eine Plastik
aus Kunststoff – und muss dennoch frieren.

Sonntag, 23. September 2007

Pause

Momente für ein kleines wenig Muße,
oh, und der Orkan, er schweigt in Hähme,
wie ein Philosoph in dessen Gräme
niemand wagt zu leben ohne Buße.

Ein wenig Zeit im Strudel dieser Welten,
niemand bleibt des Soges je verschont,
und endlich kommt die Einzelheit zum gelten,
während ihre Seele in uns wohnt.

Aberwitzig viele Möglichkeiten,
deren Qualität sich richtig zeigt,
wenn man sie sortiert, wenn sie sich streiten,
wenn man zeigt, wozu man eher neigt.

Solche Neigung explodiert zuweilen,
wenn, wie jetzt, ein wenig Zeit sich setzt
und sich empfiehlt, man möge sich beeilen,
Kreatives ist zu schnell verletzt!

Dann beginnt dem Tragenden ein Beben,
er entscheidet: Gebe ich ihm nach?
Solcherlei entscheidet oft ein Leben,
die Tendenz eröffnet das Gemach.

Samstag, 22. September 2007

Versionen

„Doch dazu dann später“, die Drohung im Raum,
das Ende des Grauens nach hinten verschoben,
Begreifen fällt schwer, man hört schon noch kaum,
was vorne gesagt wird, die Welt wird verschroben,
die Sinne entfallen dem Singsang der Worte,
und müde entschläft man an spannende Orte.

„Doch dazu dann später“, welch schöner Apell!
Die Neugierde rührt sich und schaut recht verdutzt:
Wer hat mich geweckt? Und: Ist es schon hell?
Die Mühen des Sprechenden haben genutzt,
die Leidenschaft schwappte ganz kontinuierlich
in Ohren, ansonsten meist eher manierlich.

„Doch dazu dann später“, der Schwall seiner Bosheit
im blinden Verzehren der Machtposition
vermag nicht zu bremsen und wie er dann los schreit
entbehrt jeder Menschlichkeit, spricht ihr fast Hohn,
der Lehrling wagt kaum sich zu Rühren, verlassen
ergeht er der Rüge, zu schwach sie zu hassen.

„Doch dazu dann später“ – was ist nur geschehen?
Oh Gott, warum sagt ihr denn nicht, was passiert?
Die anderen Themen muss ich jetzt nicht sehen,
nun sagt schon – sind Deutsche betroffen? Jongliert
das Schicksal mit unserem Glück und entscheidet
sich gegen uns, derweil schon Gott uns meidet?

„Doch dazu dann später“ – aus Deinem Munde
(und das, bitte glaub mir, ist herrliche Gabe!)
ist es ein Versprechen, ist Vorfreude, Kunde
von emotionalem Verständnis, ich labe
an Deinen Gesprächen mich dankbar und immer,
bist wärmende Lampe in lebendem Zimmer.

Freitag, 21. September 2007

Ode an die Naturgewalten (Klimax) - Illustriert

Ode an die Naturgewalten (Klimax)

Ein Hauch von Luft, die Härchen aufzurichten.

Ein Blatt verweht gleich einer Ballerina,
die nur auf Winden tanzt, wie in Geschichten.

Und das Geäst wird eine Okarina,
verwandelt sich in dieses Instrument,
mit welchem so viel Melodie beginnt.

Auch heute schweifen Töne, die man kennt
und schätzt, durch diese Welt und ihr entrinnt
ein leises Pfeifen, Kunde großer Dinge,
die aufgetürmt in uns’re Richtung gleiten.

Ein wenig scheint’s, als ob der Himmel singe
und gleichsam strebt, ein Lichtspiel zu bereiten,
indem er auf das Blau der Himmelswand
Gebirge schwarzer Steine zieht und häuft;
ein Lebensbild naturgewalt’ger Hand.

Das Licht zergeht in Farben, streut und läuft
an all den Wolkenbergen runter,
scheint sich bald zu sammeln, bald zu flüchten
vor dem tiefen Grollen, welches munter
düsteren Erklärungen, Gerüchten
sich bemächtigt, somit Ahnung zeugt.

Die Bäume beugen sich inzwischen fühlbar,
Blätter fliehen von der Welt beäugt,
deren Auge lange nicht so kühl war,
wie in diesen furchtverzehrten Blicken,
ohne Blau und Gelb – in schwarzes Grau
fliegen auch die Blätter wie an Stricken
gezogen fort, sie fliehen vor dem Tau.

Das Heulen weht um jedes Weltenkind,
mit Nachdruck warnt es alle, die es hören,
erzählt von Dingen, die im Kommen sind
und bald die Ordnung uns’rer Zeit zerstören,
von Dunkelheit, von Stürmen und von Brüllen,
und scheint in seinem Irrsinn selbst zu leiden,
als erste Tropfen Himmel weinend füllen;
es beginnt: Gewitter wird sich weiden.

Donnerstag, 20. September 2007

Vertrackt

Ich wusste nicht, dass sie nicht wusste, dass ich’s wusste – das war schlecht.
Denn hätte ich gewusst, dass sie’s nicht weiß, hätt‘ ich’s sie wissen lassen.
Nur da ich’s halt nicht wusste, wusst ich auch nichts zu sagen recht,
und ob ich’s wissen musste, kann ich nicht durch mein Gewissen fassen.

Natürlich hätt‘ ich ahnen können, dass ihr Wissen es nicht wusste,
nur dachte ich gewiss nicht d’ran, ihr Wissen so beflissentlich
gewissenhaft zu untersuchen – weiß auch jetzt nicht sicher: Musste
sie denn nicht auch wissen oder wusste sie’s nicht wissentlich?

Was ich wissen musste, weiß ich nicht, nur weiß ich, dass sie weiß,
dass ich nicht wusste, dass ihr nicht bewusst war, dass ich wissen musste
und auch wusste; weiter weiß sie auch, dass mein Unwissen leis
und unbewusst und nicht als Stuss mein Wissen trog wie eine Kruste.

Mittwoch, 19. September 2007

Kultiviert oder: Die Macht des Buches

Die kleine Version der großen Bühne,
bescheidenes Duplex jenem Stil.
Ein wenig vom Glanze ihrer Kühne,
ein Puppenhaus als ihr ernstes Ziel.

Die Schallplattensammlung stolz gebahrt,
der Spieler hingegen scheint verstaubt
und ist noch am eh’sten staubbewahrt,
wenn Gästen das Hören mal erlaubt.

Dann wird die antike Kiste Wert,
denn bloße Kultur verstrahlt sie schon.
Das Knarzen und Rauschen zwar beschwert
das Hören, doch geht’s nicht um den Ton.

Sie ist nur ein Status, Zeichen seiner
Verbindung zu allen guten Kreisen.
Zwar wird durch das Mühen diese kleiner,
doch muss man im Anschein sich beweisen.

Und ebenso hat er so viel Wein
wie gar keine Ahnung vom Getränk.
Kultur ohne Reben? Kann nicht sein!
D’rum lagert er Weine, ungelenk.

Die Krönung der dummen Peinlichkeit:
Ihm ekelt ganz furchtbar vor’m Geschmack!
Doch säuft er ganz maßlos von Zeit zu Zeit,
Gesellschaft erfordert Kampf im Frack!

Im Hintergrund, wenn ihn wer besucht,
läuft immer das neuste Jazzquartett.
Obwohl er im Innern immer flucht
sich heimlich schon freut auf Charts im Bett.

Doch geht es ihm dort wie wie überall:
Gewöhnt man sich erstmal langsam d’ran,
verwandelt es sich vom Überfall
in was, das man ignorieren kann.

Regale voll Goethe, Schiller, Brecht,
verlautbaren stolz Beflissenheit,
Belesenheit wirkt von allem echt
und wahrhaft am meisten, weit und breit.

Erinnerung plagt ihn heute noch,
er weiß noch genau, wie er erkannte,
dass offenbar dort in ihm ein Loch,
wo anderen ewig Wolllust brannte:

Er suchte zu lesen in einem Buch
aus seinem Regal, er nahm den Faust,
und wurde gestoßen auf den Fluch,
der immer schon durch sein Leben braust.

Sie sagten ihm etwas, diese Zeilen:
Sie waren so wahr. Er hat gebebt.
Sie schienen sich förmlich zu beeilen,
zu schreien: Du hast umsonst gelebt!

Dienstag, 18. September 2007

Doppelmoral

Äste und Ethik, das passt nicht zusammen!
Ästethik hingegen, das klingt richtig gut!
Ob Äste der Ethik des Waldes entstammen?
Macht Ethik den Ästen beim Wachsen erst Mut?

Geste und Stern sind ein komisches Paar!
Einzig als Gestern erkennt man sie wieder.
Doch Geste der Sterne: So vieles wird wahr
und Sterne des Gestern erinnern mir Lieder.

Welch ein Fantast, der am Tische nur sitzt,
wo man fantastisch dem Boden entflieht,
und welcher Fantast hätte nicht längst geschwitzt,
wenn er sich dem Tische stets zugeteilt sieht?

Die Falte im Alter verzierte schon viele,
der Falter hingegen wird nicht g’rade alt.
Doch wenn er als Älterer faltig entfiele,
entfaltete Alter den Preis, seinen, bald.

Der Streich jener Jugend soll irgendwann reichen,
doch streichen die Jungen schon deshalb die Segel?
Ich reiche Dir Streiche zum Alltagsentweichen,
den Opfern, nur, reicht es mit Streichen, ich Flegel!

Montag, 17. September 2007

Die Tiefe des Blickes

Ich sehe die Augen und denke: Oh, Tiefe!
Oh Seen, oh Meere, unendliches Sinken!
Und möchte am liebsten die Ewigkeit trinken,
ich fühle, als ob mich Unsterblichkeit riefe.

Ich sehe die Augen und fühle: Oh, Schweigen!
Du wärst noch am eh'sten geeignet, zu sprechen
von all dieser Schönheit, Besteh'nes zu brechen,
das Mögliche leicht überschreitender Reigen!

Ich sehe die Augen und weiß: Ihrer Klarheit
und Schönheit sind all meine Worte nicht wert.
Und grausam: Ich kenne die schmerzende Wahrheit.

Ich sehe die Augen und ahne, wie reich
mich Ahnenden, der diese Anmut erfährt,
das Schicksal beschenkt, dem Gottglauben gleich.

Sonntag, 16. September 2007

Unter Sternen

Wir alle schon standen voll Ehrfurcht darunter
Und wähnten uns nichtig im Schatten des Lichts.
Doch waren wir letztlich ein wenig zu munter,
um wirklich zu glauben, wir seien fast nichts.

Die Punkte, der Himmel – sie nahmen uns heftig,
beeinflussten unsere Identität.
Nur leider nicht länger, nur allzu geschäftig
verfolgten wir Alltag, der Luftschlösser säht.

Wir sahen die Wahrheit in all diesem Dunkel,
Unendlichkeit lehrte uns Werte und Pflicht.
In all diesem schwärzlichen Sternengefunkel
gehörte man plötzlich zur wissenden Schicht.

Man wusste: Man ist nichts. Und würde nichts werden.
Erkannte: Was immer ich mache, es stimmt,
weil alle die Freuden und alle Beschwerden
verschwinden, wenn einer das Weltall vernimmt.

Aus Ärgern Erinnern, aus Frohsinn Verstehen,
so relativierte sich alles Gefühl.
Geschicke, die ewiglich Leben versehen,
entwickeln sich träger, man achtet sie kühl.

Doch all diese Weisheit ist weiß Gott nicht immer,
und ewig ist all dieses Wissen wohl nie.
Schon später, am Schreibtisch im leblosen Zimmer,
beraubt man sich exponentiell der Magie.

Samstag, 15. September 2007

Herbst

Die Tage werden früher dunkel,
die Welt beseitigt den Kontrast
und schafft ihn neu durch das Gemunkel,
das abends durch die Straßen schasst.

Die Winde wehen wieder wilder,
sie tragen halbe Bäume fort
und schaffen so die schönsten Bilder
von Blättern, denen Luft ihr Hort.

So kommt es, dass man g’rad spazierte,
im Stillen den Geruch genoss,
und wenig später schon, da zierte
den Körper reich ein Blättertross.

Ein güld’nes Ross fliegt durch die Lüfte,
die Fantasie auf ihrem Ritt,
der aller Leben schweren Klüfte
zärtlich durch die Kehle schnitt.

Die Himmel sind an Wolken reicher,
denn rascher ziehen sie hinauf,
doch rascher werden sie auch bleicher,
aufgrund des Windes raschen Lauf.

Er zwickt auch hier und dort Gesichter,
verschmückt sie frech mit Fransenschals,
und lächelnd glänzen Augenlichter,
sie riechen Laubwerk allemals.

Und Füße treffen Pflastersteine,
schlendern an der frischen Luft,
und jeder Schritt ist eine kleine
Erfrischung voller reinem Duft.

Und nie verbrüdern Mensch und Umwelt
einander so vollendet froh,
wie dann, wenn uns’re Erde stumm schnellt,
so voll Geräusch und lichterloh.

Vor Übereifer mischt der Maler
den Bäumen noch ein Rot mit an,
es strahlen leuchtend Leuchtestrahler
aus Rot und Blättern – welch ein Bann!

Vollkommen ist die Symbiose:
Natur und wir und sie und ich.
Ich schreite, jedem Alltag lose –
Die Kunst des Herbsts entfesselt mich.

Freitag, 14. September 2007

Träume, die der Einsamkeit entspringen

Wie sie ihren Blick voll Anmut senkt,
still und schön den schwarzen Augenbrauen
Schwung verleiht, voll Ausdruck ihre schlauen
Augen auf mich richtet – mich beschenkt,

wie sie ohne Vorsatz mich erreicht,
meinem Tiefsten das Gespräch erbietet,
mich bewohnt, mein Seelenleben mietet,
ist so wundervoll, dass nichts ihm gleicht.

Einzig eine Sache trübt das Laben,
nur ein Makel, sonst ist sie perfekt,
zu perfekt, um wirklich wahr zu sein:

Wollte ich sie wahrhaft bei mir haben,
hier in meinem Arm, bei mir versteckt,
müsste sich der Traum in’s Leben frei’n.

Donnerstag, 13. September 2007

Urkräfte

Es stehen die Mächte sich schweigend entgegen
und wägen beflissen im Strahle der Sterne
die Kräfte des Anderen achtungsvoll ab.
Erhaben erklären die Blicke im Regen
respektvoll des anderen Größe im Kerne,
ein ehrsames Wägen Elias’, Ahab.

Und wenn sie sich regen, verbergen die Schatten
in Falten des Dunkel das winzige Rühren,
zu hören ist einzig der ahnende Wind.
Und alle Geschichten, die Welten schon hatten,
verschwinden in zukunftsbezeugenden Schwüren
von kommenden Prächten der Zeuge wir sind.

Giganten entstehen durch solcherlei Geste,
erhaben betrachten sie einfach die Lage
und handeln gewissenhaft, stets überlegt.
Mit Augenmaß gleich einer göttlichen Meste
erkennen sie gleichsam den Mond auch am Tage,
erleben in Klarheit, was Herzen bewegt.

Die Spannung bleibt steigend, man spürt sie fast zerren,
die Winde erscheinen als Werke der beiden,
ersetzen die Urkraft der Umwelt im Krieg.
Dann endlich Bewegung: Synchron sind die Herren
zur Umkehr bewogen. Und somit vermeiden
sie weise das tierische Ringen um Sieg.

Mittwoch, 12. September 2007

Erinnerung. Bedauert.

Ich blicke in's Dunkel, die Iris weit offen,
versuch' das Verborgene doch zu erkennen.
Mein Blick ist die Suche und Blinzeln das Hoffen,
es möge das Wesen sich endlich benennen.

Ich ahne das Schlimme und wünschte, es lindert,
doch weiß ich mit Sicherheit: Nichts ist hier gut.
Ich kenn' die Umgebung aus Jahren, mich hindert
am wirklichen Sehen doch letztlich mein Mut.

Es scheiterten viele am dunkelsten Wege,
Erinnerung ist unser härterster Feind.
Er zetert und kratzt noch bei zärtlichster Pflege -
ein einziger Fehler, für immer beweint.

Dienstag, 11. September 2007

Grundfrage

Ich werde Asche sein, ich werde sterben.
Egal wie viel ich leiste hier auf Erden.
Vergänglichkeit. Ich werde sie vererben
und nicht mehr seh'n, wie sie ihr Opfer werden.

Und all mein Schaffen mit mir annuliert.
Zwar zehren, wenn ich glücklich bin, noch Jahre
die Menschen von den Werken, die kreiert -
doch werd' ich es kaum sehen von der Bahre.

Was bringt der fromme Wunsch, es möge weiter
das Leben meiner Lieben Glück verstärken,
wenn ich im Tode kläglich daran scheiter',
die Früchte dieses Wunsches zu bemerken?

Was bringt der Status, den ich mir erstreiten
und hart verdienen musste unter Schweiß,
wenn alles doch verschwindet und bezeiten
gelöscht wird, gleich mit allem, das ich weiß?

Man mag sich solchermaßen ernsthaft fragen:
Warum noch leben, wenn der Tod doch siegt?
Nur fragt man sich an allein seinen Tagen,
dann wird man seinem Leben so entsagen,
dass dieses dann erst recht schon nichts mehr wiegt.

Montag, 10. September 2007

Muse

Ein Leben als Inspiration für das Große,
stets Atmen für And're, posieren für sie.
Ich kann nichts, doch sieht er bei mir dort im Schoße
den Quell seiner Größe - ich sehe ihn nie.

Ich läch'le zu allem - er findet gefallen,
doch liegt's nicht am Lächeln, liegt nicht mal am Tun.
Und doch - nur von mir scheinen Töne zu schallen,
die einzig für ihn auf Akkorden beruh'n.

Ich schweife im Fernen bei ihm in der Nähe,
er nähert sich seiner entfernten Passion.
Und wenn ich die Körner des Könnens so sähe,
indem ich nur schweife, genügt das längst schon.

Auf einmal beginnt ihm ein Feuer zu sengen,
egal, welche Kühle ich vorher entsandt.
Erhitzt brennt er Kunstwerke in rauen Menge
auf Leinwand, mit triumphal lodernder Hand.

Dann tat ich, wofür ich ihm lange schon diene
und weiß auch nach Jahren noch lange nicht, was.
Bewirke zwar etwas, doch bin ihm nur Schiene
und mache nichts, bin weder trocken, noch nass.

Nur warum verehrt mich das große Genie?
Verlieben sich Mannequins auch in den Spiegel?
Ich traue mich nicht, eine Philosophie
zu erschaffen, befürchte, das wär' mir ein Siegel.

Sonntag, 9. September 2007

Raffael

Mit einer simplen Geste Deiner Hand,
mit einer schlichten Pose, reich an Worten
voller Poesie, die nur entstand,
um wortreich diesen Zauber zu beschreiben,
schaffst Du, jene Grazie zu horten,
die unmöglich ist, einzuverleiben.

Sekunden huldigend verstreichen Zeiten,
derer man sich niemals recht gewahr
geworden wäre, kämst nicht Du zu leiten,
nur mit Anmut sie zu dirigieren -
Taktstock der Natur stellt Großes bar
und bloß im Kleinen dar, Moment erfrieren.

Ein sanftes Licht betont galant die Wärme
jener Finger, deren Krümmung zart
und zwischen stark und fernab aller Lärme
nahezu perfekte Symmetrie
kreiert, derweil der Rest des Armes ward
von feiner Müdigkeit gelegt durch sie.

Die Schönheit dieser Geste ist nicht prall,
sie sticht nicht in die Augen wie der Glanze
vielen Goldes, nein, sie ist wie Schall -
unaufdringlich nimmt sie mich beiseite,
hüllt mich nur mit Aura in Romanze,
deren Worte ich zum Blatte leite.

Samstag, 8. September 2007

Perspektive

Die Welt dringt durch mein Atmen in mich ein,
durchflutet meiner Lungen ganze Fülle,
veredelt meine Brust zu ihrer Hülle,
macht durch ihre Purheit auch mich rein.

Die Augen werden Fenster jenen Farben,
sie fangen alles Licht der Erde auf,
behalten es, bejubelnd diesen Kauf;
ein niemand muss der Mattheit jemals darben.


Wie Wellen gleiten flüchtig Melodien
zur Ewigkeit verdammt in meine Ohren,
die einst Musik des Seins zum Schatz erkoren,
dann sich erinnernd oft in Klänge fliehen.

Schließlich hebt die laue Brise streichelnd
die feinen Härchen, stimuliert den Sinn.
Und warum durchflutet denkend schließlich bin
ich sicher: Wenn man will, ist Leben schmeichelnd.

Freitag, 7. September 2007

Faltenwerk

Die Zeit grub ihre Furchen in die Haut,
gleich Ringen eines Stammes zeugen sie
von Alter, Leben, von Erfahrung, die
bekennend auf ein Menschenleben schaut.

Die Jahre brennen Falten in's Gesicht,
ein ehrenhafter Spiegel der Idee
die Tage zu bestreiten - Resumée,
das Launen aller Jahre wahr entspricht.

Nur selten irrt das schöne Alterszeichen,
selten nur verändert sich ein Mann
in solchem Maße, dass die Narben bleichen.

Jedoch in manchen raren Fällen wandelt
sich ein Mensch nach Jahren noch und dann
gehört das Werk als reine Kunst behandelt.

Donnerstag, 6. September 2007

Superheld. Eine Überzeichnung.

Die Welt bedroht von einem Bösewicht:
der Fiesling legt die Stadt in Schutt und Asche!
Skrupel kennt dabei der Böse nicht,
steckt sich seine Beute in die Tasche.

Doch schon kommt der Superheld geflogen,
rettet eine Frau aus tiefem Sturz,
küsst sie und sagt: "Ma'am, ungelogen,
heute Abend Drinks bei mir, nur kurz?"

Lässig hebt er eine Augenbraue
unter dem perfekt frisierten Haar,
kündigt dem Halunken schlimme Haue
an - Ist dieser Mann nicht wunderbar?

Plötzlich hat der Gegner eine Waffe -
Alles keucht beängstigt tief nach Luft,
während der Ganove wie ein Affe
lacht und auf den Helden zielt, der Schuft!

Letzterer jedoch grinst locker lässig,
weicht dem Angriff aus, als wär's ein Spiel,
fliegt zum fiesen Lachen, das gehässig
klingt, zu lachen hat der nicht mehr viel:

Schon ein Schlag reicht aus, der Held ist Sieger
und der Erzfeind wirkt ein wenig fahl.
Zeitungsfotos noch vom Überflieger
und weg ist er - bis zum nächsten Mal.

Mittwoch, 5. September 2007

Ein unerwünschtes Szenario

Meine Schreie bluten im Falsett,
Frieden vergewaltigt mein Gehirn.
Stille schneidet Adern so adrett,
Leben spritzt ein Rot auf feinen Zwirn.

Das Radio im Zimmer nebenan
vertont der Welt den kollektiven Traum.
Es weiß von meinem Scheitern nichts, man kann
fast glauben es sei alles schöner Saum.

Erzürnt empört sich meien ganze Hand,
beginnt zu zittern, stürzt wie ein Komet,
splittert an die vorher weiße Wand,
wo sie, rote Bilder malend, fleht.

Und pünktlich zum Refrain (es geht um Liebe)
fällt die Klinge aus der Hand, die schwach
zu Boden hängt, als ob sie nichts mehr triebe.
Als träumte ich: Ein letztes Mal noch wach.

Dienstag, 4. September 2007

Der Maler

Ein einfacher Pinsel verkörpert sein Leben,
sein Wesen auf Borsten und Holz reduziert.
Aus Schaffen von Welten besteht nur sein Streben,
als längerer göttlicher Arm produziert
er sein Bildnis der Erde, wie er sie verziert.

Der Schwung wird zum Tanze und bald schon, im Glanze
des kunstvollen Schaffens in ihrer Ästhetik
wird Farbe zu Atem, zu Ader, die ganze
gezeichnete Erde riecht frisch nach Pathetik,
nach Laub und der Schwere der höheren Ethik.

Ein Fiebertraum später erschafft die Nuancen,
die Spreu und den Weizen und trennt sie behänd.
Die Hand rennt von Torso zu Wipfel zu Bronzen,
erheischt die Schattierung und Wirklichkeit nennt
sich und stürzt un die Szene, vor Eifer sie brennt.

Nun ejakulieren die geistigen Güsse
die Abart der Großartigkeit auf das Bild.
Genie wird zu Wahnsinn, sie geben sich Küsse,
das Große bedarf solcher Meister, die wild
gar Welten erschaffen - nur Fades ist mild!

Die Borsten erbitten Distanz zu der Schöpfung,
der Abstand zum Meisterwerk fordert Respekt
und Tribut, auch Giganten erleben die Köpfung,
wenn ihnen ihr Größtes begegnet, befleckt
ward das göttliche Werk durch den Mann, der's erweckt.

Montag, 3. September 2007

Dem Himmel so nah

Entbietend jenen Gruß an Gottes Größe,
den nur ein aufrecht Grüßender devot
entbietet, gibt sich selber schwach die Blöße
vor Seinem Richten jener Mann in Not.

Das Haupt gesenkt, die Lieder hindern Tränen
dabei, die Wangen zierlich zu benetzen.
Der Geist verfolgt das ungefähre Wähnen,
verdrängt mit Seiner Ahnung das Entsetzen.

Der Körper scheint die Welt nur nebenbei
zu streifen, als passierte er allein
durch bloßen Zufall jenes Konterfei
der Erde, würde gleich schon nicht mehr sein.

Ein Hauch von Nostalgie durchzuckt die Züge,
Vergangenheit erhellt das Antlitz, strahlt
als ob die Perfektion als Teil der Lüge,
die nur Erinnerung erspinnt, sich malt.

Im Nu danach schon reißt die schwache Seele
und Fetzen jener Bilder explodieren -
Gott! Verstehst Du, wie ich mich hier quäle?
Kannst Du mir verzeihen? Mich verlieren?

Kannst Du mich nicht hassen? Mich nicht strafen?
Kannst Du mich nicht töten, oh mein Gott? -
Und Falten unter Augen, die nicht schlafen,
nie mehr schlafen, werden feucht im Trott.

Die Sünde jenes Mannes bleibt Geheimnis,
wir wurden Zeuge seiner letzten Nacht.
Doch ob er selbst, ob Gott des Todes Keim ist -
wer weiß. Ein Mönch, heißt's, hat sich umgebracht.

Sonntag, 2. September 2007

Die Mütter der Kriege

Verzeiht, doch kenne ich nicht Ihren Namen,
nur ist mir Ihre Geste wohlbekannt -
ihr Stolz entsprang auch einst aus meinem Samen,
scheint mit meinem Fleisch und Blut verwandt.

Das Spreizen jenes Fingers dort beim Denken,
der wache Blick, durch Klugheit wohl maskiert,
Sie scheinen Ihr Betragen so zu lenken,
dass es meinen Sohn perfekt skizziert.

Der feine Schwung der Nase, diese Augen,
in deren Klarheit alles deutlich scheint,
die gleichwohl die Umgebung aufzusaugen
scheinen, ist, was Sie mit ihm vereint.

Ich hab' gemeint, er wär' noch etwas kleiner,
doch überdenk' ich's recht, war er recht groß.
Und auch Ihr Leberfleck sieht aus wie seiner,
wie kann's sein? Das Schicksal stellt mich bloß!

Wie kommt es nur, dass Sie hier vor mir stehen,
als wär'n Sie er, er Sie - Sie beide gleich?
Ich muss nur schnell ein Foto holen gehen,
beschenkt mich denn der Zufall derart reich?


...ich...muss Sie um Verzeihung höflichst fragen -
Ihr Bart ist, freilich, eine and're Welt.

Zu jung noch, viel zu jung, um Bart zu tragen,
starb mein Sohn im Krieg...als Landesheld.

Samstag, 1. September 2007

Dem Nervenden einfühlsam entgegnet

Wenn Du nicht dauernd insistiertest, würde
niemand jemals Kenntnis davon haben,
Du bildest Dir den "Fehler" als die Bürde
Deines Lebens ein und scheinst Dich d'ran zu laben!

Nun lass es doch bewenden - Deine Gründe
sind, wie der "Fehler" selbst, doch ganz egal.
Befrei von Deiner selbst erschaff'nen Sünde
doch endlich uns're Ohren, sei normal!

Wenn Dich Dein Anspruchsdenken nun bedrückt,
dann halt den Mund - erklär' es Dir gedacht!
Wir, für uns'ren Teil, sind nicht verrückt -
wir hätten's längst vergessen, über Nacht!

Freitag, 31. August 2007

Im Walde

Über dem Walde erhebt sich ein Rauschen,
vertraut und besänftigend weht es dahin.
Gräser errichten sich, leise zu lauschen,
haben für's Atmen der Lichtung viel Sinn.

Blätter im Winde, bekanntes Motiv,
ein Zeichen des freien Genusses des Schönen,
das stets uns umgibt. Ein König, der schlief,
erweckt seine Äste, das Aug' zu verwöhnen.

Ein hölzerner Riese wacht erfurchtgebietend
Geschicken des Waldes, die unter ihm sind.
Sein Auge ist mächtig, die Lichtung vernietend
erstrahlt es in grünlicher Pracht dort im Wind.

Sein Wehen ist friedliche Mahnung den Gästen
des Schauspiels, zu hören, was Gott ihnen schenkt.
Und nicht zu verpassen die Vielzahl von Festen,
die einfach geschehen, natürlich gelenkt.

Donnerstag, 30. August 2007

ohne Kunst

Manche Menschen leben ohne Kunst,
heißt: ein Leben ohne Gottes Gunst,
heißt: ein Winteratem, der nicht sichtbar,
heißt: ein Frühlingsmorgen ohne Tau,
heißt: ein Sternenblitzen, das nicht licht war,
heißt: ein Sommerabend, der nicht lau,
heißt: ein Käfer, der nicht brummt beim Fliegen,
heißt: ein Dichter, ohne Lust am Schreiben,
heißt: zigeuner, die am Flecke bleiben,
heißt: zwei Tauben, die sich nur bekriegen,
heißt: ein Sonnenaufgang ohne Rot,
heißt: ein Sonnenuntergang in Not,
heißt: romantisches Gedicht ohn' Mond,
heißt: ein Schneckenhaus, stets unbewohnt,
heißt: ein Brief, nicht handschriftlich verfasst,
heißt: mit selber Meinung diskutieren,
heißt: ein Lehrer, der das Lehren hasst,
heißt: ein Wald, verlassen von den Tieren,
heißt: ein arbeitsreiches Wochenende,
heißt: ein Kater ohne Eleganz,
heißt: ein Augenfunkeln ohne Tanz,
heißt: ein Pantomime ohne Hände,
heißt: ein Pfarrer, der nicht hofft beim Glauben,
heißt: ein Obstsalat, ganz ohne Trauben,
heißt: ein Moor in Schottland ohne Dunst,
heißt: ein Menschenleben - ohne Kunst.

Mittwoch, 29. August 2007

Hunger, Raubtier - eine Metapher

Magere Beine dem Hunger als Säule,
tagelang fasten in fraßlosen Wochen.
Monate nagen an sichtbaren Knochen,
keifend jagt Todesangst eitrige Fäule.

Wenn sich der Körper schon gegen sich wendet -
Krämpfe im Magen als stiller Protest -,
weiß sie, dass einen das Leben verlässt,
Leben als Pest, der Körper verendet.

Auf einmal erblickt sie die laufende Speise,
Speichel im Überfluss läuft aus dem Maul,
jeder Rezeptor gespannt, dennoch leise.

Durch seinen Tod wird das Leben erhalten,
bald gibt das Opfer, dann reglos und faul,
Hyänen Wärme, um selbst zu erkalten.

Dienstag, 28. August 2007

Erwachsenenzeug

Was macht denn nur die Mama dort?
Warum hat sie nichts an?
Ich geh' mal lieber wieder fort,
nur: Wer ist dieser Mann?

Ich glaub', der tut der Mama weh,
auch er ist splitternackt.
Sie turnen, so wie ich das seh',
jetzt hat er sie gepackt...

Er grunzt ganz lustig vor sich hin
und Mama äfft ihn nach!
Wie spaßig ich am kichern bin,
als er es unterbrach.

Jetzt setzt sie sich noch auf ihn drauf:
Sie hat ihn wohl besiegt!
Und hoch und runter, ab und auf,
wird weiter sich bekriegt!

Und plötzlich stöhnen beide laut,
hab' ich mich g'rad erschreckt!
Ich hab' gedacht, dass er sie haut,
zum Glück bin ich versteckt!

Nur: Warum lächelt sie ihn an?
Ich geh' jetzt echt in's Bett.
Und morgen frag' ich Papa dann,
ob er's verstanden hätt'!

Montag, 27. August 2007

Sich selbst am nächsten

Traurig bedenkt mich der weinende Himmel
mit einigen Tropfen voll klärender Kraft.
Die Kühle entreißt mich dem eit'len Gewimmel,
ein Abgrund von Menschen, der zwischen uns klafft.

Ein Leben voll Hähme, ein taubes Gefühl,
und lähmend beschenkt mich mein stolzer Entzug,
ein Wenig von Freiheit erlange ich kühl,
Triumph? Ja, mit Bitterkeit, die in mir schlug.

Ich schreie den Wolken mein Siegesgebrüll,
verzehre mein Echo als öffnenden Ruf,
denn offen erst sehe ich all diesen Müll,
verzeihe mir, dass man so menschlich mich schuf...

Ein Fazit getarnt als Intermezzo

Ich muss um Verzeihung bitten.
Zum einen wegen der inzwischen recht ansehnlichen Zeitspanne, die ich nichts von mir hören ließ, zum anderen aufgrund meines Unwillens, die Ergebnisse der Umfrage ein wenig öffentlich auszuwerten.
Letzteres zuerst.
Ich bin geehrt und erfreut, dass fünf von sechs Lesern nichts auszusetzen hatten. Ich hoffe, dass bald noch mehr Lyrikfreunde und -genießer (und vielleicht sogar -er) diese kleine Plattform zur Kenntnis nehmen werden und von ihr zehren mögen - was diesen Punkt betrifft, möchte ich euch bitten, geneigte Bekannte bei günstiger Gelegenheit auf diese Möglichkeit hinzuweisen und danke für jedes Engagement. Nichtsdestotrotz ist es schon jetzt größtes Bedürfnis und Freude, dass aus der simplen Eigenreflektion und Medium zum Antrieb ein wenn auch kleiner Treffpunkt von Menschen geworden ist, die dies regelmäßig und gerne aufrufen und aufmerksam verfolgen.
Deutlich geworden ist in der Umfrage, dass ich mehr Informationen bringen soll - dies ist in der Tat seit einiger Zeit deutlich zu kurz gekommen, erst recht wenn bedacht wird, dass auch mir daran gelegen ist, ein wenig zu "lehren", wenn man das so nennen möchte. Entschuldigt werden kann und soll dieses Versäumnis an dieser Stelle selbstredend nicht, aber erklären möchte ich es mit einem turbulenten Semester und seinen Nachwirkungen. Es sei aber auch auf die geplante Vorstellung der Gedichtart des Haikus hingewiesen, einer gerne unterschätzten Art des Gedichts, welche so sehr wie sonst keine die Gratwanderung zwischen Jedermannssprüchlein und Kunst verkörpert. Ebenso wird die Hexameterdichtkunst untersucht werden - relevant insbesondere, weil antike Autoren wie Homer gewaltige Teile ihrer Werke in diesem Versmaß verfassten. Mehr dazu später.
Dies soll als kurze Auwertung genügen, ich danke für die Beteiligung, auch, weil sie Lebenszeichen jener stillen Konsumenten war, die ich zwar wähne, doch selten weiß. Umso erfreulicher.

Nun zu dem anderen Punkt.
Mein Internet (wie ich hörte, sagen manche "Weltnetz", um dem Anglizismus auszuweichen - was ist davon zu halten? Ein Ausweichen jedenfalls ist es, kein Verdrängen.) beschränkt sich derzeit aufeinen Rechner, der nicht meiner ist, meine Zeit ist demnach begrenzt und ich will sie begrenzt wissen, damit man sich auf Wesentlicheres konzentrieren kann. Dass ich nebenbei noch dichte, sei versichert. Nur habe ich bislang keinen der Ergüsse online (was würde man da wohl auf deutsch sagen?) gestellt. Dies soll sich ab heute ändern, ich hoffe es gefällt. Es ist interessant, mal wieder mit Stift und Papier zu schreiben, ich glaube, die Gedichte sind dadurch anders geworden.
Viel Spaß mit ihnen.

Aron

Sonntag, 26. August 2007

Kauz

Menschen erleben die freudige Feier,
wo zahlreiche bunte Kostüme erstrahlen,
sie scheinen den Taumel noch bunter zu malen,
und Lachen und Späße – sie machen noch freier!

Alle gemeinsam zur Welle, man schreitet
in riesigen Schritten mit Tröten und Fahnen,
verkleidet mit Masken, die Fröhlichkeit mahnen,
und führen muss niemand – die Stimmung, sie leitet!

Und während sich alle so gut amüsieren
fixieren wir vorsichtig einen der Gäste:
der Sonderling, Spinner, der Kauz ist dabei.

Und keiner beachtet sein seliges Stieren,
sein Lächeln, das wissen lässt: Dies ist das Beste,
mit andern zu feiern, im Stillen, so frei.

Samstag, 25. August 2007

Der größte Optimist der Welt

Er sagt andauernd, alles wäre
schön und alles gut.
Er schwebt in einer rosa Sphäre,
mangelt nie an Mut.

Alle sind so richtig lustlos,
fragen sich gequält:
„Mensch, wo lässt der seinen Frust bloß?
Weiß der nicht, was zählt?

Sieht der nicht, wie schlecht die Zeiten
sind, wie schlecht es geht?
Haben dem die Alltagsweiten
denn den Kopf verdreht?

Fehlen diesem Spaßfantasten
Tassen denn im Schrank?
Hat er Übermut vom Rasten?
Ist er einfach krank?

Hat denn dieses arme Irre
keine Wirklichkeit?
Idiot, Du bist ja kirre,
werd’ doch mal gescheit!

Sag doch endlich auch, dass schlimmer
es nicht könnte sein!
Stimm doch ein in das Gewimmer,
sieh’s doch endlich ein!“

Solchermaßen hört der Arme,
nur versteht er nicht,
Warum ist denn alles Warme
nicht in ihrer Sicht?

Konfrontiert mit dieser Lücke,
fragt er sich weshalb
wird aus jeder kleinen Mücke
Elefantenkalb?

Traurig sieht er Pessimisten,
die noch stolz darauf,
dass sie schon die Flagge hissten
während gutem Lauf.

Während alles (wie auch heute!)
wunderschön noch war.
Bald schon folgten alle Leute
ihm, der sich gebar.

Doch ihren Kummer muss man teilen,
anders kann man nicht.
Allem mag man froh enteilen,
nicht doch dem Gesicht,

welches mit so stummen Worten
blöd sein Glück beschreibt,
weil’s nicht sieht, welch schönen Orten
es sein Wesen treibt.

Wer sein Glück für wertlos achtet…
dumm, wenn er’s nicht mag.
Glück, das muss man wollen! Pachtet
man nur jeden Tag

voller stumpfen Pessimismus,
kann man’s halt nicht haben.
Optimist und Altruismus,
das sind Wollensgaben!

Der Optimist hat heut kein Geld
doch das hätt’ nichts gemacht.
Der größte Optimist der Welt,
hat sich heut umgebracht.

Der konnte all die dummen Klagen
länger wirklich nicht ertragen,
wo doch voller Schönheit ist,
was sich auf der Erde misst.

Verdrehung

Im Gefecht des Eifers eiferst Du nicht schlecht,
im Geschlecht des Keifers geiferst Du Dich recht,
im gerechten Schleifer zweifelst Du kein Pech,
im Gemächt des Pfeiffers pfeifft…aber das gehört nicht hier her.

Freitag, 24. August 2007

In einer klaren Nacht

Schwimm mit mir im Himmelsfundament
und das Universum wird zum Meer.
Übervoll und doch unendlich leer,
alles fremd, obwohl man es lang kennt.

Tauch mit mir in was man Weltall nennt
und entdecke still das Sternenheer.
Überhell gedämpft, an Sternen schwer,
nichts, was mich von ihrer Weisheit trennt.

Einzig Du erstrahlst in ihrem Glanze,
spiegelst ihre Zartheit, ihren Stil,
komplettierst als letztes Stück das Ganze.

Deine Wirkung wortreich zu benennen
muss im Ansatz scheitern, viel zu viel
gibst Du mir, wo Worte stets nur trennen.

Donnerstag, 23. August 2007

Meine Kreise

Die Welt entdreht sich mir in kleinen Kreisen,
jeder dieser Vögel ist mir neu,
alles sehend, kindhaft, ohne Scheu,
finde ich mich wieder unter Waisen,
weiß ich selbst doch nicht so ganz genau,
welchem Weg man folgen, welchem trauen
soll, und will mit Schritten nichts verbauen,
jeder Schritt riskant, die Winde rau,
die Menschen zeigen leidlich nur Grimassen,
ohne Inhalt, oder mir zu reich
an Dingen, die gesagt, doch niemals gleich
gemeint sind, tausend Worte - keins zu fassen,
kann ich darum hassen, was ich mache,
wie ich stehe, wie ich stumm verweile,
mich nicht dumm beeile, sondern Zeile
um Zeile aneinanderreihe, lache,
dann den Kopf erhebe, innehalte,
und die Stille, diese eine Stille
in mich sauge - wäre sie mein Wille,
säh' ich mich, wie ich die Erde falte.

Mittwoch, 22. August 2007

Ein Wort auf Reisen

Ein Wort versuchte, Sinn zu machen,
klappte leider nicht.
Konnte d’rüber gar nicht lachen,
sucht’ sich ein Gedicht.

Suchte reimgeschmückte Zeilen,
dachte: Reicht schon aus!
Wollte endlich dort verweilen,
komfortables Haus.

Leider, merkte es recht schnelle,
ist es nicht genug.
Reim allein macht noch nicht helle,
wär’ ja auch Betrug.

Weiter ging die große Reise,
kläglicher Versuch,
wird dem Wort auf seine Weise
Anspruch denn zum Fluch?

Steht es denn nicht schon alleine
für so vieles ein?
Ist ein Wort, wie ich es meine,
nicht allein schon rein?

Unser Wort, ihr ahnt es nämlich,
suchte noch nach mehr.
Das ist jedenfalls nicht dämlich,
dachte: Sinn muss her.

Darum hab’ ich’s aufgenommen,
tat mir irgend leid.
Hat jetzt seinen Platz bekommen –
Hier. Auf alle Zeit.

Dienstag, 21. August 2007

Gedankenstrudel

Ein tosender Strudel umrundet die Mündung,
umbrandet Gedanken, so vieles verfliegt,
es prasselt mich nieder, doch stehe ich auf,
ein wenig, so scheint es mir, ohne Begründung,
doch braucht man denn Gründe, stets Gründe zuhauf?
Gebrochener Spiegel voll Fragen, er liegt
zu Füßen zersplittert mir, bebt wie ein krankes Tier,
darf man es streicheln? Ich darf mich wohl fragen,
warum meine Fragen so klagend dort krächzen,
entsagend dem Schönen, ist Frage denn hier
ein Zeichen von Leid nur und niemals an Tagen
und Nächten auch Freude, auf dass man d’ran lechzen
sich kann und vergessen, was eben vergrätzt,
ein ekliger Hauch dieser ekligen Wunde
und dennoch: Die Kunde, sie mundet noch besser,
wo alles im Kreise, der nichts höher schätzt
als selbst sich, die Selbstsicht im eisernen Bunde
mit allerlei Blumen – dazwischen ein Messer.

Montag, 20. August 2007

Aufrichtig = Unbequem?

Denkst du, ich bin unerschütterlich?
Hälst Du im Innern denn für tot?
Sprichst Du mir so gar nicht mütterlich,
leide ich im Stillen große Not.

Weine ich nicht bitterlich genug?
Sind Dir meine Tränen denn nichts wert?
Ist es nur mein Ego, das ich trug,
welches Dir den Eindruck so verkehrt?

Sind denn meine Fragen nun tabu?
Möchtest Du nicht selber, dass ich frag'?
Hörst Du mir denn wirklich richtig zu,
wenn ich was zu Deiner Wahrheit sag'?

Manchmal zweifele ich vor mir her,
frage mich wohl Stunden: Bin ich schlau?
Bin ich schlau genug und nicht nur sehr
wortgewandt – ist das nicht ganz genau
der Fehler, der mich enthumanisiert?
Hab' ich nicht verdient, gemocht zu werden?
Warum ich für Fragen attackiert
werde, werd' ich nie versteh'n auf Erden.

Sonntag, 19. August 2007

Sprache gegen Gedanken (Grenzen)

Alles fließt bei mir im Kopf, nur nicht die Sprache.
Nichts entsteht zu Ende, kaum ein Wort, kein Satz.
Vor mir nur Fragmente – Reste einer Lache,
die nicht besteht, doch nicht vergeht; ein Trauerschatz.

Fühl' ich mich ein bisschen wie ein kleiner Dichter,
mahne ich schon wieder, gleichsam Richter mir,
nicht zu überflügeln, was mir selbst noch lichter,
immer besser schien, weil's ist: Ein Stück vom Hier.

Akzeptiere ich, dass ich nur Sprachensklave,
dass ich nur ein Opfer meiner Möglichkeiten
bin, verstehe ich das Dichten als Konklave,
als Gefängnis, Zeuge dieser engen Weiten.

Unterwerfung also mag zwar wahr, doch dumpf,
destruktiv wie Nihilismus sogar sein.
Ich verneine zwar so manches, doch mein Rumpf,
ja, mein Rückgrat hinterblickt den Trotzesschein.

Dann, und voll Erkenntnis allzu ganz erfüllet,
widme ich mich wieder dem Gedichtpapier.
Dann jedoch wird alles, was ich schlau enthüllet
nichtig. Weil ich mich vor dem Gedicht genier'.

Samstag, 18. August 2007

Müdigkeit

Müdigkeit zerstört mir meine Sinne.
Ganz auf einmal seh' ich nicht mehr klar.
Eben hielt ich noch so lauschend inne,
schon hab' ich vergessen, was dort war.

Müdigkeit zerstört mir meine Lieder.
Oft genug erdrosselte sie mich.
Eben sang ich Schönes immer wieder,
plötzlich, dann, verstumm' ich innerlich.

Müdigkeit zerstört mir meine Liebe.
Tumb und plump verspür' ich noch den Rest.
Eben noch geleiteten mich Triebe,
jetzt verleitet mich der Schlaf zum Fest.

Müdigkeit zerstört mir meine Dichtung.
Mancher Reim von ihr zunicht' gemacht.
Eben weiß ich noch genau die Richtung,
wenig später ist mir tiefste Nacht.

Müdigkeit zerstört an schlechten Tagen
allerdings den Bann der schlechten Zeit.
Eben war mein Tag noch voller Klagen,
in der Nacht darauf schlaf' ich befreit.

Freitag, 17. August 2007

Flüchtigkeit

Spürst Du, wie die Zeit so schlicht verfließt?
Als wäre nichts Besonderes dabei.
Als wären uns're Leben einerlei.
Ein Umstand, der mich ebenso verdrießt,
wie er mich auch dünkt, ich sei so frei.

Sekunden werden Stunden, werden Tage,
bald schon ist ein Monat rasch vorbei,
und alles, was getan, scheint einerlei,
ich stelle mir die ewig gleiche Frage:
Ob es, wenn so flüchtig, wichtig sei.

Es scheint, als wären alle Sorgen nichtig,
alles, was gedacht, ist ohne Sinn,
weil ich eh schon lange weiter bin,
alles schon im Gestern – nicht mehr wichtig,
alles sagt mir, dass auch ich verrinn'.

Letztlich aber, sehe ich die Lieben,
sehe Freunde, sehe meinen Weg.
Ganz egal, wie sehr ich Sorgen heg',
dieses Schätzen ist nicht übertrieben,
denn ich lebe nur, wenn ich erwäg'.

Donnerstag, 16. August 2007

Der unglücklich Mimende

Ein Tier, das wohlbehütet in Dir schlummert,
ein Schlaf, der nur durch Disziplin geschieht.
Gesellschaft, die Dir Disziplin anriet.
Doch bist Du wohl beraten, wenn's Dich kummert?

Ein Tier, von dem Du weißt, wie sehr es wild ist,
von dem Du weißt, wie schnell es Dich zerfrisst.
Doch fütterst Du es nicht, weil Du vergisst,
wie sehr es Dir doch letztlich Ebenbild ist.

Du weigerst Dich tagsüber, es zu sehen,
lässt es auch des Nachtens niemals frei.
Weigerst Dich zu aller Zeit dabei
in Ehrlichkeit zu fallen und zu flehen.

Benehmen kannst Du Dich, ganz ohne Frage.
Alles, was man heute wirklich braucht.
Nur zu Haus' im Spiegel ist verraucht,
was Du verdrängt, es lebe froh die Klage!

Dann siehst Du durch Dich durch und siehst die Knochen,
siehst die Seele, siehst in Deinen Geist,
was Dich schreckt – und kurz verweilen heißt,
bist Du schon am Ende der Epochen?

Und welch Gefühl, welch Hoheit allen Spürens!
Oh, welch Wahrheit, endlich weißt Du doch,
dass Du lebst, ein wenig zittrig noch,
doch wenigstens noch Herr des Lebenführens!

In wenigen Momenten des Intimen
bricht Dein Tier ein kleines Wenig aus.
Du träumst von Freiheit, aus dem Käfig raus,
fühlst die Luft, empfindest sie als Schmaus,
die Du, fein genießend, wissend kaust,
während Du im Grunde eines weißt:
Morgen musst Du wieder Braves mimen.

Mittwoch, 15. August 2007

Aus

Wie kann es sein, dass niemand mich bemerkt,
wo ich doch solch ein Epizentrum bin!
Mein Leben explodiert, verliert den Sinn
und niemand sieht mich, was mein Leid verstärkt.

Ich laufe durch die Straßen wie ein Blinder,
laufe wie betrunken, Trunkenheit
verursacht von zu viel in wenig Zeit,
Gefühle wie Geschosse – und nicht minder!

Ein Fuß kommt automatisch vor den Ander'n,
als schlenderte ich, hätte kein Problem
und keinen Hass, der mich zerfrisst und dem
ich zu gefügig bin in meinem Wandern.

Wie kann es sein, dass alle diese Leute
nichts von meinem Leiden spüren können?
Sind sie blind? Ich würd' es ihnen gönnen,
sonst wären sie nicht glücklich, g'rade heute.

Ich fühle mich dem Leben weggerissen,
fühle mich dem Schönen schlicht genommen.
Und nie und nimmer werd' zurück ich kommen,
denn ewig werde ich um's Unglück wissen.

Und, glaubt mir, wenn man einmal es gesehen,
einmal nur begriffen, dass sie schlecht,
dann will man diese Welt nie wieder recht
und schön begreifen, in ihr gehen.

Sind nur drei Worte, alles ist vorbei.
Drei mal nebenbei die Seele morden.
Einmal nebenbei verlassen worden.
„Es ist aus!“ Nur sag: Bist Du jetzt frei?

Dienstag, 14. August 2007

Es gibt so Reime...

Man reimt meist furchtbar Kitschiges auf „Schmerz“
und sagt sowas wie „Du brichst mir das Herz!“
und könnte man das g'rade noch verschmerzen,
da reimt man noch ein zweites mal mit „Herzen“.

Und dabei gibt es so viel Reim mit Scherz,
so viele Reime, die fast himmelwärts
das Schöne zeigen, Hässliches ausmerzen,
und dabei singen, wunderschöne Terzen.

Und findest Du auch dieses konstruiert,
so wisse: Besser, dass man ungeniert
und frei erprobt, was Neues zu verreimen,

als dass man ewig gleiche Enden schreibt,
jeden Spaß am Lesen so vertreibt –
da lieber lass die Sprache komisch keimen.

Montag, 13. August 2007

Spruchspiel: Helge

Ich sah nur: Es wird hell gefließt
und wusste gleich, dass Helge fließt.

Neue Kategorie: Spruchspiele

Ich eröffne heute eine Kategorie, die eigentlich Schwächen meinerseits entblößt.
Sie wird "Spruchspiele" heißen, was eine sehr euphemistische Überschrift für kleine Wortspiele ist, die ich in Gedichte zu verpacken nicht in der Lage war - sei es, weil sie inhaltlich einfach derart sinnfrei sind, dass es unmöglich und stets konstruiert wäre, ihnen in irgendeiner Form einen Inhalt anzudichten, sei es, weil ihr Aufbau derart raffiniert und verstrickt ist, dass ich dem Anspruch dieses Miniaturwerkes nie über ein komplettes Gedicht gerecht werden könnte.
Ich halte diese Wortspiele dennoch für lesenswert, sie werden vielleicht und im günstigsten Falle in nur zwei Zeilen ein Lächeln bewirken.
In der Hoffnung, zumindest diesen Anspruch erfüllen zu können,
Aron

Natur erlebt

Frieden kommentiert die stumme Welt,
legt sich über sie, ein feiner Schleier,
ein kleiner Unterschied, ein wenig freier
fühlt man sich im freien Weltenzelt.

Solch ein Universum voller Raum.
Solch ein Platz zum Atmen, Platz zum Gehen.
Solch ein Werk der Götter, Weltentraum
dieser Erde – Wälder, die verstehen.

Wälder, die vergehen, gibt es viele,
diese aber sind der Ewigkeit.
Sauerstoff als höchstes aller Ziele,
atmend ist man sonderbar befreit.

Und die Sonne malt und schließlich Bilder
voller Einheit, voll versteckten Klanges,
voller roter Schönheit, wie ein Wilder,
welcher sich ergibt der Macht des Sanges.

Und man wünschte sich devot ergeben
tausend Orte solcher Reinheit pur.
Traut sich kaum, es wieder zu erleben,
sich erinnernd, kleiner Liebesschwur.

Sonntag, 12. August 2007

Polizei

Ist euch schon mal aufgefallen,
dass die Polizeisirenen
wie ein Wolfsgeheul erschallen,
wie sie sich in Länge dehnen.

Habt ihr nicht schon mal bemerken
müssen, wie sie ähnlich sind:
Wölfe, die im Rudel werken
und das Polizistenrind?

Manchmal „Bulle“ gern genannt,
nun: So ganz abstrus ist's nicht.
Wie mit Hörnern wird bekannt
gemacht: Du stehst in hellem Licht.

Und so ist es, jede Deiner
Tätigkeiten wird geseh'n.
Daher, Wurm, werd' immer kleiner,
tu, als wäre nichts gescheh'n!

War's auch gar nicht unrecht – schweige,
denn Du wirst beobachtet.
Geht Dein Frommes mal zuneige,
nageln wir Dich froh ans Brett!

So mag man sich manchmal fühlen,
dabei soll sie Helfer sein!
Polizei mit so Kalkülen
macht mich ängstlich – und nicht rein!