Samstag, 17. März 2007

Der Antrag

In die Stille flüsterst Du die Zeilen,
wartest, wartest auf die Reaktion,
von der Du weißt: Sie wird sich nicht beeilen –
was bedeutet Zeit gerade schon?

Du hast sie selbst geschrieben, nahmst
so manches Abends späte Stunde gern
in Kauf, doch allzu schleichend, leider, kamst
Du Deinem Ziel nur näher: Vor dem Herrn

bezeugen: Dieser Text, so seht!, er ist perfekt!
Doch es gelang – so dachtest Du zuletzt,
und hast ihr heut die Worte hingereckt
und fragst Dich: Wie, nur, reagiert sie jetzt?

Du siehst Dein Schicksal schwanken, wie noch nie.
Was alles Leben bringt, entscheidet sie.




Ich habe lange mit mir gehadert, ob ich das Ende offen gestalte oder sie "ja" sagen lasse...der Zwiespalt und die Instabilität des Moments zu betonen, auch die Offenheit für sein gesamtes weiteres Leben, gefiel mir letzten Endes mehr noch, als die bloße Romantik des Augenblicks.

Wie man die Labels zu seinem Vorteil nutzen kann

Als ich mich heute näher mit der erweiterten Funktionalität dieses Blogs auseinandersetzte, bin ich auf die wunderbare Funktion der Labels gestoßen: Mit diesen kann man die Beiträge noch übersichtlicher strukturieren und der Benutzer ist in der Lage, die Beiträge zu filtern.
So werden alle Gedichte, die imzuge des täglichen Schaffens entstehen das Label "Das tägliche Gedicht" haben, sollte ich mal ältere hinzufügen, könnte ich mir ein Label "ältere Gedichte" oder "frühere Werke" vorstellen...da man mehrere Labels benutzen kann für einen Beitrag, wird man auch nach "Sonette"n oder "Haikus" suchen können.

Die Labels befinden sich immer in der grünen Fläche unter den Posts (oder einfach strg+f und nach "Labels" suchen).

Viel Spaß damit,
Aron

Freitag, 16. März 2007

Der Politiker

Vielleicht sollte ich über eine offizielle Themenreihe zum Thema Berufe nachdenken...ein bestimmtes Bild lyrisch zu charakterisieren ist natürlich immer besonders attraktiv. Heute der Politiker, heute kein Sonett.



Das Lächeln fällt zuweilen schon recht schwer,
der Blick soll Interesse und Verstand
vermitteln – ob er sich freut? Natürlich, sehr!
Nur allzu impulsiv drückt man die Hand.

Der Anzug sitzt korrekt, wie die Gebärde,
mit der er sich ins Licht zu setzen sucht.
Ob dies den Sinn der Sache nicht gefährde?
Aber nein! – Er hofft, er wirkt verrucht

und leidenschaftlich – wird man ihn so sehen?
Für Zweifel ist jetzt nicht die rechte Zeit,
zu vieles muss für ihn noch heut geschehen,
für Zweifel ist sein Ziel heut noch zu weit.

D'rum: Weiter kämpfen mit den weißen Zähnen,
die er nur zu gern für uns entblößt,
muss man Zähne denn als Zeichen wähnen,
dass ein Mensch Politprobleme löst?

Niemand stellt so falsche Fragen heute,
weil man heut die große Show genießen
will – von ihm und extra für die Leute,
und später den Erfolg mit Sekt begießen

und gratulieren, dass man wen erreicht,
und dass man Transparenz geschaffen hat
und dass man dabei manchmal sogar leicht
zu sprechen kam, auf Politik und Stadt

und Land und Staat und – Gott sei Dank – nicht mehr,
denn Langeweile braucht man nun zuletzt!
Und Politik – man weiß doch – ist so schwer,
mit Schwerem hat man Leute schnell vergrätzt.


Und später noch, in allertiefster Nacht
erwehrt sich unser Star des letzten Lichts,
und kann nicht schlafen und hat nachgedacht:
Was hab' ich heut gesagt?
Doch letztlich: Nichts.

Gedichtformen für Anfänger, Teil 1: Das Sonett



Vielleicht interessiert den Ein- oder Anderen ein wenig Hintergrund...wen nicht, der mag diesen Artikel gerne überspringen ;)

Es ist mitunter aufgefallen, dass die bisher geschriebenen Gedichte allesamt Sonette sind, was schlicht ergreifend daher kommt, dass mir diese Form derzeit am meisen zusagt.

Es existieren zwei "Hauptarten" von Sonetten, wobei es in beiden Fällen vier Strophen gibt: Das traditionelle Sonett und das Shakesperean Sonnet.
Im "traditionellen" oder "eigentlichen" Sonett haben wir zwei Quartette, gefolgt von zwei Terzetten. (Ein Quartett hat vier Zeilen, ein Terzett drei)
Die Reimstruktur ist dabei meistens, aber nicht notwendigerweise, abba cddc ffg hhg.
Das mag erstmal komisch aussehen, heißt aber nur, dass die Terzetten umarmende Reime sind - sich also die erste und letzte, sowie die zweite und dritte Zeile reimen - und bei den Terzetten die erste und zweite jedes Terzetts, sowie die dritte Zeile beider Terzetten miteinander.
Puh, verstanden?
Am besten mal ein Beispiel:

In diesem Beispiel gibt es keinen Sinn,
keine Nachricht, die man lesen kann,
es geht um die Struktur, die man ersann,
und der ich heute gerne folgend bin.

Auch die zweite Strophe dienet nicht,
tiefen Sinn der Welt kurz zu erklären,
gerne kann man sich bei mir beschweren,
doch steht die Struktur im Rampenlicht.

Und die Dreiergruppen reimen sich,
wie versprochen, fast schon lächerlich,
fast, als wär' das alles nur ein Spaß.

Dennoch weiß man jetz vielleicht, wie's geht,
für das Lernen ist es nie zu spät,
weil man nach der Schule viel vergaß.


Wie man sieht, wurde die Reimstruktur eingehalten - dies wäre also ein absolut typisches Sonett mit umarmenden Reimen oben und Paar- sowie strophenübergreifendem Reim in den Terzetten.
Eines sollte allerdings noch gesagt werden: Auch inhaltlich gibt es gewisse Regeln bei Sonetten, so sollten eigentlich die Terzetten der Stimmung der Quartette widersprechen, diese hinterfragen, eine neue Atmosphäre und Zweifel schaffen oder die unvermutete Wahrheit ausdrücken. In jedem Falle sollte man auch inhaltlich eine Trennlinie ziehen können zwischen Strophen 1, 2 und 3, 4. Dass dies natürlich recht gut wirkt, weil zusammen mit der Strukturänderung auch eine inhaltliche Änderung entsteht, muss nicht extra betont werden.
Selbstverständlich kann man bei dieser Struktur sehr viel variieren - insbesondere beim Umgang mit den Terzetten gibt es viele Varianten: Von eee fff über efe gfg bis hin zu efg efg ist fast alles möglich. (Rilke übrigens nahm sehr gerne efe gfg, was bei ihm ausgezeichnet wirkt.)

Die zweite Form der Sonette ist nicht viel anders, aber doch bemerkenswert: Der gute Shakespeare ließ es sich nicht nehmen, mit der Grundtradition der Terzetten zu brechen und ließ diese gleich ganz weg.
Weil ein Gedicht, das nur aus zwei Quartetten besteht, aber etwas merkwürdig und seiner hohen Kunst nicht würdig gewesen wäre, hat er die Quartette um eins erweitert, sodass wir drei haben, und ferner noch einen Paarreim an's Ende gestellt.
Weil er bei den Quartetten auch den umarmenden Reim nicht nahm, sondern einem Kreuzreim vertraute, kommt folgende Struktur zusammen: abab cdcd efef gg
Da man auch das vielleicht besser mit einem Beispiel nachvollziehen kann, hier das 57. Sonett Shakespeares (er hat es auf 154 gebracht!):


Schwarz galt für schön nicht in der alten Zeit,
Und war es schön, ward es nicht so genannt,
Doch Schönheit ward durch falsche Schmach entweiht
Und Schwarz heut als ihr Erbe anerkannt.

Denn seit die Kunst, mit Wahrheit um die Wette,
Durch falschen Schein das Schöne ahmte nach,
Verblieb der Schönheit Namen nicht noch Stätte,
Entheiligt ward sie oder lebt in Schmach.

Drum hat mein Mädchen rabenschwarzes Haar
Und Augen, als ob sie in Trauer wären
Um die, die, angeborner Schönheit bar,
Durch falschen Schimmer die Natur entehren.

So trauern sie, doch mit so holdem Schein,
Daß jeder sagt, so sollte Schönheit sein.


Zeit, nannt, weiht, kannt - abab

Normalerweise, übrigens, sind Shakespeares Sonette komplett jambisch (also im Jambus geschrieben), der Übersetzer schien allerdings entweder nicht fähig oder nicht willens gewesen zu sein, diesen Jambus auch im Deutschen anzuwenden - schade.

An dieser Stelle soll dann die kurze Lehrstunde auch vorbei sein - wer's bis zum Ende gelesen hat: Respekt, wer nicht, ist auch nicht schlimm, aber ich denke mal, ein wenig Hintergrundinformation ist vielleicht nicht übel.

Aron

Donnerstag, 15. März 2007

Migräne - Illustriert

Ich werde bisweilen Bilder hinzufügen...sei es, weil es für sich eindrucksvoll ist oder auch, weil es ein Gedicht visuell betont. Außerdem lockern sie die sonst zu textlastige Seite etwas auf.
In diesem Fall - wie an der Überschrift zu erkennen - eins zum Gedicht "Migräne" - ein furchtbares Thema, das Bild passt gut, wie ich finde...

Migräne

Alles brodelt dunkel vor sich hin,
nichts Genaues mag man fassen,
alles Denken muss man lassen,
ganz vernebelt, ganz verklärt der Sinn.

Zäh, nur, fließen die Gedanken los,
kommen im Gehirn kaum an,
dass man nichts erwägen kann,
ewig scheint das Dunkel, ewig groß.

Und wenn doch ein wenig Licht durchbricht,
was vom Schmerz ansonsten dicht bedeckt,
so erkennt man es doch beinah' nicht.

Abgeschnitten von der Welt, in sich,
das Gefängnis gut im Kopf versteckt,
lebt man, schlafend, einzig innerlich.

Mittwoch, 14. März 2007

Der Sänger

Er sitzt nur allzu lässig dort und singt
und schwankt und lacht, obwohl er Worte formt
mit Lippen, mit Gefühl, das alles normt,
was er, dort spielend, uns als Kunst darbringt.

Er tanzt fast, ohne dabei aufzustehen,
vermag mit dieser Stimme zu bewegen,
mit ihr die tiefe Wahrheit zu belegen,
die man dank des Gitarrenklangs kann sehen

und der man liebend gerne glauben wollte,
denn ihre Wahrheit ist noch rein und klar.
Ein Kind im herbstlich Blätterhaufen tollte,

ist ebenso von Reinheit noch durchflutet,
und wie dies Kind, ist jede Zeile wahr,
ist jede Harmonie der Wahrheit zugemutet.

Dienstag, 13. März 2007

Philosophen

Verneinend die Weisheit der restlichen Welt,
erschaffe ich selbst mir mein eigenes All.
Verwalte, regiere, ob Flug oder Fall,
ob auf oder ab ich dies Sein ohne Geld

und ohne die Werte, die hier so geschätzt,
doch die meinem Geiste so herzlich banal,
schon kläglich erscheinen – der Weisheit Skandal,
kein Wunder, dass wir Philosophen vergrätzt!

Denn wenn einmal jemand was Kluges gedacht,
gesagt, wie es ist in der Realität
dann haben doch alle Gelehrten gelacht.

Und wenn einer sagte: „Ich sehe euch echt!
Und ohne den Spiegel, in dem ihr euch dreht!“
Dann stand es, weiß Gott, um die Wahrheit stets schlecht.

Sonntag, 11. März 2007

Bodenständig

Streck nur hoffnungsvoll die kurzen Arme aus,
greif' nach allen Dingen, die Du nicht besitzt,
wenn Du armer Mensch im Alptraum wieder schwitzt,
wird Dir stetig klar: Die Wahrheit ist ein Graus!

Hoff' nur ewig weiter, dass es nicht so bleibt,
hoffe, dass Dein Weg noch endlich wird zum Ziel!
Doch – Du weißt genau! – Dein Wunsch ist noch zu viel:
Alles Unerreichbar' soll Dir einverleibt!

Darum, Mensch, nur schwelgst Du allzu fern.
In Träumen, die kein Mensch ersinnen kann,
verfolgst Du Deinen menschlich Fieberwahn.

Warum, sag mir, lebst Du denn nicht gern?
Siehst nicht, was die Erde sich ersann,
was für Schönheit sie uns aufgetan?