Samstag, 21. April 2007

Zeitmetapher

Die Zeit entrinnt mir durch die Finger,
wie ein Strudel, schwindet sie im Schlund
des Lebens, hat doch selbst den größten Mund,
zaubert mir die schönsten Dinger.

Diese Sanduhr zählt die Körner,
die, verlaufend, Maßeinheit der Zeit,
Element des Lebens sind, nimmt weit
mich mit und auf die spitzen Hörner.

Richte Dein Bewusstsein nach:
Erweitere und schließe dieses Loch,
ein wenig kann man wenigstens dann doch
bestimmen – leg ihr Wesen brach!

Beschäftigt öffnest Du den Trichter,
genießend schmückst Du ihn verzierend aus,
erwartend wird der Trichter schnell zum Graus,
genau wie konzentriert wird’s dichter.

Verstehend man hat keine Macht,
wird man vielleicht noch ihr Freund, wer weiß.
Veränderung, zwar schön, hat ihren Preis,
besser, wenn man nie d'ran dacht'.

Freitag, 20. April 2007

Irrlicht

Im reißenden Strom dieser tobenden Welt
vergelten wir Gutes mit Gleichgültigkeit
und Schlechtes mit Schlechtem und Liebe mit Geld
und kommen mit diesem Betragen recht weit.

Durch Automatismen im Leben gefangen,
erreichen wir Ziele, die wir so genannt
und die wir erschaffen, dorthin zu gelangen,
doch die uns im Wesen nicht echt, nicht bekannt.

Was sind das für Wege, auf denen wir schreiten,
was bringt uns der Fortschritt im Irrweg, so sag!
Was sind das für Ziele, um die wir uns streiten,
doch die man im Grunde des Herzens nicht mag?

Donnerstag, 19. April 2007

Männliches. Allzu Männliches

Der Nacken wird breiter, die Schultern athletisch,
die Stoppeln von damals, sie wuchsen zum Bart,
der Kiefer ist strenger, der Blick wird oft hart,
betont seine Männlichkeit fast schon poetisch.

Die kräftigen Arme stets lässig beiseite,
so schreitet im Alltag er selbstbewusst fort,
auf's Leben gefragt, sagt er „Life is too short!“
und blickt dabei locker verträumt in die Weite.

Am Freitag jedoch, da fährt er nach Hause
und gönnt sich vom täglichen Stress eine Pause,
die Auszeit, zu der er zu selten sonst find't.

Und wenn er bei Vati und Mutti verweilt,
Geborgenheit früherer Tage ereilt,
dann ist dieser Kerl doch schon längst wieder Kind.

Mittwoch, 18. April 2007

Die Sonne fällt auf einen Baum

Ein warmer Schwall betörend gelber Sonne
vereinnahmt jedes Grün und jedes Blatt
des Baums, bis er sich zweigeteilt fast hat:
Rechts noch grün, doch links schon gelbe Wonne.

Licht und Schatten, grün und gelb, hell
und dunkel, kalt und warm erschafft der Baum
inzwischen aller Blüten Pracht, den Raum
erfüllend, das Kontrastespektrum schnell.

Ein Exemplar des Reichtums der Natur,
gelebte Lebendigkeit, offener Glanz,
Zentrum der Schönheit, Schönheiten Tanz.

Ein Kunstwerk der Schattierung, ewig pur,
ein Kunstwerk der Sonne und sie im Duett
mit Leben, Natur, dem Frieden ein Bett.

Dienstag, 17. April 2007

Limerick V - Paris

Ein mieser Gendarm aus Paris,
der war zu den Kindern oft fies,
er schubste und bleckte
die Zähne und neckte,
bis er auf die Eltern mal stieß.

Altbekanntes

Seit Jahren geh' ich täglich d'ran vorbei,
so wurde es ein fester Teil des Lebens,
durch das ich schreite, wie so mancherlei,
und immer meint man: Nichts besteht vergebens.

Dennoch, als ich heute Schuhe brauchte,
da betrat ich gar zum ersten Mal
durch die starke Holztür das erlauchte
Schuhgeschäft des Herren Erwin Stahl.

Was vorher nur Kulisse meiner Schritte,
was als Hausfront nur als Schmucke frei,
wurde heute echt durch meine Bitte,
ob hier denn ein Schuh zu finden sei.

Plötzlich stand ich hinter diesen Gläsern,
sah von innen draußen mich noch stehen,
sah den Weg, die Wiese mit den Gräsern,
konnte endlich wirklich alles sehen.

Und ich selbst – nun mitten in der Welt,
die, ebenso romantisch wie verklärt,
mir so neu und altbekannt gefällt,
dass sie sich als Teil von mir bewährt.

Montag, 16. April 2007

Viertelstunde

In dunstverwob'ner Viertelstunde,
zart umhüllt, erfüllt es sich.
Er bei ihr, mehr Freund als Kunde,
sie versteht es königlich.

Munter auf die alte Weise
wird das Spiel dann zelebriert,
erst subtil, berauschend leise,
später eher ungeniert.

Draußen dämmert noch kein Licht,
keine Menschenseele ist
schon wach und selbst die Katzen nicht,
niemand wird im Dunst vermisst.

So versteckt er sich wie immer
dort bei ihr und alles geht
gewohnten Gang in ihrem Zimmer,
weil er still nach Freunden fleht.

Sonntag, 15. April 2007

Es miteinander machen

Leidenschaftlich gibt sie sich ihm hin,
er sich ihr im eben gleichen Maß,
beiden steht nach Lust und Sex der Sinn,
beide wollen miteinander Spaß.

Alles wird probiert und nichts gelassen,
kein Tabu zensiert heut' das Gescheh'n,
beide können ihre Lust nicht fassen,
während sie sich selber dabei seh'n.

Dort im Spiegel tun sie's ebenso,
auf und ab und tiefer, weiter rein,
der Begierde wird’s gemacht und froh
empfängt sie sein Gemächt so tief hinein.

Jeder Teil des Körpers erogen,
alles lüstern, nichts bleibt heute trocken,
dieses Treiben kann niemand versteh'n,
das Einzige was stört, sind seine Socken...

Limerick IV

Man wollte sich lüstern verstecken,
im Walde so manches aushecken,
und während man's machte
(und nicht g'rade sachte),
da freuten erst recht sich die Zecken.

Samstag, 14. April 2007

Konfrontation

Stumm ermessen wir des And'ren Wesen,
stumm verharrt sein scheuer Blick auf meinem,
fast, als würden wir einander lesen,
ist mein Geist im Dialog mit seinem.

Wache Augen, die der Mensch für sich
beansprucht, hat mein gegenüber auch
und richtet sie erkennend nur auf mich
und macht von seiner Wachsamkeit gebrauch.

Hinter dieser braunen Tiefe lauert
zwar ein tierisch', dennoch reger Sinn,
umso reger, da er duldend kauert,
untermauert, dass durchschaut ich bin.

Schließlich dreht es seinen Kopf beiseite,
denn das Buch ist schließlich ausgelesen,
und nur Wald bleibt, wenn ich weiterschreite
und nur Wald bleibt, wo es g'rad gewesen.

Freitag, 13. April 2007

Der Heuchler

Achtung, ein Langes. Auch noch im leserunfreundlichen Block abgefasst, doch lässt sich das eben nicht verhindern, wenn es denn nun mal Sinn macht.
Es ist inspirierend, sich zu ärgern, noch inspirierender, sich zu sorgen, letztendlich unendlich befreiend, sich dichtend loszusagen vom Idiotischen.




Ganz frenetisch wird er, seine Wangen
leuchten und mit Leidenschaft verspricht
er allen dort im Raum, die ihm befangen
doch gerne zuhör'n, dass er diese Sicht
mit jeder Faser seines wohlgeformten
und so eloquenten Hirns erkennt,
es vertritt, es lebt, es ist als normten
seine Sinne alle Welt behänd
einzig und allein nach dieser Wahrheit,
dieser Konsequenz der Ratio,
wie auch jeder and're Teil der Klarheit,
die ihn stets befällt, wie lichterloh
entzündetes und viel zu lang verkanntes
logisch relevantes Kopfesgut,
Kultur des stolzen Wissens, doch er kannt' es
und erkannt es, dankt es seinem Mut
mit dessen Hilfe er sich fragend wagte,
nicht verzagte, sondern weitaus weiter
seinem Ich des Denkens tapfer sagte,
wie gescheit er, ferner hinten breiter,
schließlich, lernend, heiter wird, der Weg,
wie er größer sich entwickelt, endlich
über Wissenswasser wohl als Steg
funktioniert und niemals wieder schändlich
seinen Weg zurück in diese Öde
halben Wissens rostbefleckter Geister
führen wird, im Gegenteil, der schnöde
Mammon seines Hirns ist nun sein Meister.

Wie er dies palavernd zelebriert,
meint man gleich zu wissen: Dieser Mann
wird ein Großer, dieser Mann logiert
in der höchsten Klasse, was er kann
entbehrt doch dem Niveau auch der Gelehrten,
wie viel höher ist wohl nur sein Sinn?
Alle richten sich nach seinen Werten,
gehen erst Experten zu ihm hin.

Und ich? Ich sitze alleine und trinke
den Wein, den ich wählte, bevor ich dort saß.
Ich lausche verwegen ein wenig und sinke
ein bisschen gedanklich in's wägende Maß
und merke, dass alles, was dieser dort sagt
genau so gut anders rum hätte erklingen
gekonnt, doch da niemand genauer ihn fragt,
befriedigt sein allzu gekonntes umsingen
und Trällern von Floskeln, die, weil ideell
und gewöhnungsbedürftig nach Revolution
duften, doch später vergisst er sie schnell,
seine Seele vergessen, das hat er ja schon.

Donnerstag, 12. April 2007

Besonders

Ein rotes Sandkorn unter tausend Gelben,
gleich in Art und Eigenschaft, jedoch
in and'rer Farbe fällt es auf und noch
ist es nicht als Gleiches unter Selben.

Es schimmert herrlich, ein Rubin der Sonne
wie ein edles Teilchen, schön und rar,
nur hilft all die Schönheit nicht, denn gar
zu einsam ist es, schön – doch ohne Wonne.

Dort im Wind verweht sich g'rad ein Blatt,
treibt umher als Frühlings bunter Schatten,
jedermann erkennt die Form, die's hat,
wie auch Formen, die schon Blätter hatten.

Jedermann erkennt auch: Dies ist nicht
wie andere, nicht typisch konstruiert.
Herrlich elegant erkennt man nicht,
wie es trotz der Eleganz erfriert.

Dann im Zoo, man sieht wohl tausend Tiere,
eines dort ist nicht wie Löwen, Stiere
oder Elefanten, es ist fast
wie ein Tier, das nirgendwo recht passt.

Lustig sieht es aus, gar keine Frage,
jedermann begehrt es dieser Tage,
nur es selbst, missachtet von den Zoo-
bewohnern, wird dabei nicht richtig froh.

Alles ist besonders, ist speziell,
umso besser, je verrückter's ist,
weil man doch ansonsten vielleicht schnell
vergisst, wie einzigartig diese Erde,
nur, wenn Du gar zu besonders bist,
wird es Fluch – vereinsamt in der Herde.

Mittwoch, 11. April 2007

Limerick III

Man war g'rad noch Bierchen besorgen
und längst schon zum Tiere geworden,
man grunzte und lachte
und schnaufte und dachte
noch nicht an die Folgen am Morgen.

Der Vorhang schnürt sich zu (Teil 2)

Oh, der Nebel senkt sich gar zu tief,
wie ein Kreisel dreht er sich hinunter,
wie ein Strudel, der zu wirr verlief,
dreht sich alles, alles wird noch bunter,

alle Farben werden froh geeint,
vermischen sich und ihnen folgt der Klang,
der konfus als Welle zu mir drang,
während alle Welt dies Dreh'n beweint.

Wohin schau'n? Oh, wohin sich noch richten?
Alles unklar, alles hohl, mitnichten
weiß man, wo man denn gerade steht,
wenn die Zeit im Sog des Seins vergeht,

Und wenn einen alle Sinne strafen,
alle Übelkeiten sich dort trafen,
lässt die Gnade einen endlich schlafen.

Dienstag, 10. April 2007

Durch einen Vorhang (Teil 1)

Dichter Nebel senkt sich auf den Grund,
demaskiert die Klarheit dieser Tage,
doch, oh Erdenbild, erhör die Klage,
warum, nur vertilglt der Himmelsschlund

alle meine Hoffnung, und ersetzt
den Schein des Seins, wie er sich offenbart,
wie er sich noch mit der Wahrheit paart,
somit die Erkenntnis auf sich hetzt.

Letztlich, doch, verschwimmt in diesem Nebel
alles, was so strahlend g'rad noch war,
manches wird auch schöner, dieser Knebel

der Erkennens meint es gut mit mir,
wie ein Kalb, das Zwillinge gebahr,
bin ich, wenn ich trunken zelebrier'.

Montag, 9. April 2007

4:17

So friedvoll ist sie sonst nie,
in Zwielicht wird sie eingetaucht
und nannte sich fast Symphonie;
die Welt so frisch, so unverbraucht.

Der Mond wendet sich schon zum Geh'n,
er schwebt dem Rand der Nacht entgegen
und wirre Lichter verseh'n
die Welt, sie tanzen ihretwegen.

Dort drüben, da geht noch ein Mann,
die Nacht hat ihn heraus gespie'n
und führt ihn vergnügt nun im Bann,
die Welt erscheint ihm neugedie'n.

Und dies sind besondere Stunden,
voll Frieden schleichen sie dahin
und drehen im Zeitstrudel Runden,
die Welt in mir, wie ich hier bin.

Sonntag, 8. April 2007

Neues Label: Rätselgedicht

Auf Anregung eines guten Freundes, werde ich das Streben nach Formvollendung der jüngsten Zeit nicht aufgeben, aber um ein weiteres reizvolles Ziel erweitern: Versteckte Botschaften.
Die Gedichte mit dem Label Rätselgedicht enthalten getarnte Antagonien, Hinweise, die entscheidend für die Bedeutung und Interpretation des ganzen Werks sein werden...ich möchte nicht mehr verraten, denn ich würde zeitgleich gerne einen kleinen Wettbewerb mit jedem solchen Gedicht veranstalten: Ich bin gespannt, wer zuerst (am besten als Kommentar zum jeweiligen Gedicht) eine solche Botschaft findet. Dementsprechend möchte ich euch hiermit gerne einladen, nach dem Versteckten zu suchen...damit das Ganze nicht ohne zusätzlichen Reiz bleibt, darf der Erste, der etwas findet, entweder ein Thema oder die Überschrift für eines der kommenden Gedichte festlegen - ich werde nach dieser Vorgabe dichten und gelobe, mein Bestes zu geben.

In diesem Sinne: Frohes Suchen! (Passend zu Ostern)

Identität

Wer vermag mir heut' die Freud' zu nehmen,
bin ob meines Spiegelbildes ganz
ich selbst und seh' dies nicht als Penetranz -
eigentlich als eins der liebsten Themen.

Und wem es nicht ganz ebenso ergeht,
wer d'ran scheitert, tut mir leid, und sag,
bist Du nicht ebenfroh an Nacht und Tag?
Du Kind der Sonne, die hoch oben steht?

Kennt man dieses Glück des um-sich-Wissens,
man möcht' es nicht mehr missen müssen, nie
sich fragen, wer im Spiegel das heut' ist,

denn alles kennen geht, guten Gewissens,
überhaupt nur, wenn man Elegie
selbst an sich erfindet, - Du sie bist.

Samstag, 7. April 2007

Schöner Tag! (Unterdrücktes)

Hold, so hold, versteh' ich, was ich seh',
alles ist so bunt und schön, ich geh'
so viele Wege hocherquickt entlang,
suche nichts, doch finde ohne Drang.

Zu perfekt erscheint mir fast das Sein,
ohne Sorge, alles stimmt und kein
roter Faden gibt mir alles vor,
nicht ein Manko strömt in mir empor.

Welch ein Glück - und seht ihr's auch? Wir leben
unser Leben voll Erfüllung hin,
Taten untermauern unser Streben.

Tolle Sprünge mag man lustig machen,
oh, wer fragt beim Springen noch nach Sinn?
Doch zu froh erklingt mir gar mein Lachen.

Freitag, 6. April 2007

Baum

Jeden Tag begrüßt er mich erneut,
und hat sich immer selber neu erfunden
und alte Grenzen wieder überwunden,
indem er alle Welt mit sich erfreut.

Denn sein Erscheinungsbild erscheint
an jedem neuen Tage gleich erneuert,
als wäre jede Schönheit nur beteuert,
wenn man sich so neu erfunden meint.

Und wenn aus Knospen endlich Blüten sprießen,
aller Zauber dieser Renaissance
sich ergießt und weiter wird ergießen,

erscheint in Farbe solch ein Stückchen Welt,
wie man es in aller Zeiten Trance
zu selten wahrnimmt, wo es doch gefällt.